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20.-24.2.: Rundgang KUNSTAKADEMIE Düsseldorf 2013

KUNSTAKADEMIE Düsseldorf

Rundgang 2013

20. – 24. Februar


Wie bereits vor einigen Tagen angekündigt rückt der diesjährige Rundgang der KUNSTAKADEMIE Düsseldorf näher. Diese traditionell zum Ende eines jeden Wintersemesters stattfindenden „Offenen Tage“ der Kunsthochschule geben ab dem 20. Februar der Öffentlichkeit wieder ausgiebig Möglichkeit, einen Eindruck vom aktuellen künstlerischen Schaffen der StudentInnen dieser „altehrwürdigen“ Institution zu bekommen, ein bisschen Terpentinöl zu schnuppern, die ein oder andere Impression im Kopf mit nach Hause zu tragen oder einen der Jungkünstler kennen zu lernen und vielleicht für sich zu entdecken.

Klasse Prof. Katharina Fritsch 2012
Klasse Prof. Katharina Fritsch 2012

Auch KunstDuesseldorf.de wird vor Ort sein. Wir freuen uns für diesen Anlass Frau Dr. Helga Meister gewonnen zu haben. Sie wird für uns als Gastautor vom diesjährigen Rundgang berichten.

Hier nun der Link zum Artikel von Frau Meister: Der Rundgang, ein Fest der Skulptur



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verlängert bis 3.2.: ANDREAS GURSKY im Museum Kunstpalast

ANDREAS GURSKY

23.09.2012 – 13.01.2013 verlängert bis zum 3. Februar 2013

(Lesen Sie dazu auch unseren Besucherbericht.)

Da das Museum Kunstpalast u./o. Herr Gursky ganz strenge Veröffentlichungsregeln für das Fotomaterial festgelegt haben (obwohl Herr Gursky selbst seine Fotos auf Facebook munter postet und damit Facebook das unumschränkte Nutzungsrecht daran gewährt), haben wir nun nach Ende der Ausstellung die Fotos dazu aus unserem Text entfernt.

Das Werk des in Düsseldorf lebenden und arbeitenden, weltweit anerkannten Fotokünstlers Andreas Gursky (*1955 in Leipzig) steht innerhalb der zeitgenössischen Fotografie für eine Neubewertung des Realismus durch die konzeptuelle Inszenierung bzw. Bildmontage mit den Mitteln digitaler Technologie. Für seine Ausstellung im Museum Kunstpalast hat Gursky aus seinem Oeuvre 60 Arbeiten ausgewählt. Unter Verzicht einer chronologischen Hängung wird die Durchmischung alter und neuer, kleiner und zum Teil sehr großformatiger Arbeiten dem Betrachter neue und auch ungewohnte Ansichten von Gurskys Fotokunst ermöglichen.

Das Spektrum von Gurskys Arbeiten umfaßt Themen wie Architektur, Landschaft, Innenräume, aber auch große Events mit riesigen Menschenmassen. In der Düsseldorfer Ausstellung, deren Bogen sich von Arbeiten aus den frühen 1980er Jahren bis zu den Werkreihen Ocean I-VI, 2010, oder Bangkok, 2011, spannt, präsentiert Andreas Gursky erstmals auch einige seiner neuesten, bislang noch nicht öffentlich gezeigten Arbeiten.

 

„Es ist keine reine Fotografie, was ich mache“ beschreibt Gursky das eigene Werk. „Alle meine Bilder beruhen auf einer direkten visuellen Erfahrung, aus der ich eine Bildidee entwickle, die im Atelier der Prüfung ihrer Bildwürdigkeit unterzogen und schließlich am Computer ausgearbeitet und präzisiert wird.“ (Andreas Gursky)

Fast jeder von Gurskys Fotoarbeiten liegt eine Vielzahl von Aufnahmen zugrunde, die von ihm mit großem Aufwand am Computer zu einer Gesamtkomposition verdichtet werden. Nicht dokumentarische Objektivität, nicht Darstellung eines subjektiven Blicks ist das Ziel, sondern die künstlerische Synthese visueller Strukturen, die Konstruktion eines perfekten Einzelbildes oder Werkreihe.

„Gursky ist immer zuerst ein Bilder-Finder, erst in einem zweiten Schritt ein Bild-Erfinder. Gurskys Bilder entstehen nicht aus dem Nichts, da gibt es immer ein vorgefundenes: egal, wie weit das Vor-Bild danach weiter bearbeitet wird, bis es endlich der Vorstellung von Gurskys Bild entspricht.“ (Beat Wismer, GeneraldirektorStiftung Museum Kunstpalast)

Stärker noch als bei dem auf Satellitenaufnahmen beruhenden Ocean-Zyklus zeigt die Serie Bangkok Gursky als einen konzeptuell arbeitenden Künstler und zugleich als einen fotografierenden Maler. Den Arbeiten fehlen jegliche Verortungsmerkmale, allein der Titel „Bangkok“ gibt einen Hinweis zur Lokalisierung des hier uferlos fließenden Wassers.

Der Blick, der nicht aus großer Höhe, sondern von einem Bootssteg aus auf den Bangkok durchquerenden Fluß Chao Phraya fällt, die Beobachtung des wechselnden Lichtspiels auf der Wasseroberfläche, die ästhetischen Brechungen durch den Müll im Fluß, gaben Gursky den Impuls zur Schaffung dieser neuen Werkreihe. Mit feinem Gespür für die malerische Dichte, prüft er unter kompositorischen Gesichtspunkten die möglichen Variationen und entwickelt schließlich aus der Licht-Schatten-Camouflage des Flusses insgesamt zehn Arbeiten. Im Gegensatz zur Ocean-Werkreihe wählt Gursky für die Bangkok- Serie ausschließlich das Hochformat, die dem Einzelwerk eine meditative Dimension verleiht.

Zwischen Realität und fiktionaler Wirkung changierend, weisen insbesondere die Werke der Bangkok-Serie einen hohen Grad an Abstraktion auf und bieten Raum für eine Vielzahl malerischer Assoziationen. Sie lassen an Werke der informellen Kunst, an Bilder des Abstrakten Expressionismus eines Clifford Still oder Barnett Newman denken.

Zu den bislang noch nicht öffentlich gezeigten Arbeiten Gurskys gehört die mit Katar betitelte, aus dem Jahr 2012 stammende, großformatige Fotoarbeit eines zu Reinigungszwecken völlig entleerten riesigen Flüssig-Gas-Tanks auf einem der vom Emirat Katar regelmäßig auslaufenden Transportschiffe. Um die gigantischen Ausmaße des wie ein Tresor wirkenden Raumes fotografisch festhalten zu können und um auf die gleiche Ebene zu gelangen, wie die in der linken Bildhälfte, in dem milchig-transparenten Zelt sichtbar werdende kniende Gestalt, mußte Gursky 40 Meter tief in den mit goldschimmernden Aluminiumpanelen ausgestatteten Tank auf einer Leiter hinabsteigen. Mit der deutlichen Winzigkeit des in dem Riesentank anwesenden Menschen und mit den zahlreichen Lichtreflexen des klaustrophobisch wirkenden Raumes verleiht der global arbeitende Bildkomponist Gursky dieser Arbeit eine große poetische Wirkung.

Andreas Gursky, Bahrain I, 2005, C-Print, 306 x 221,5 x 6,2 cm (gerahmt), © Andreas Gursky / VG Bild-Kunst, Bonn 2012, Courtesy: Sprüth Magers Berlin London

Gurskys Fotokunst in der Düsseldorfer Werkschau macht deutlich, daß er seinen Standort abhängig von Bildmotiv und –thema wählt. In einigen seiner extrem großformatigen Werke werden mit Hilfe der digitalen Bildbearbeitung die Vielzahl perspektivischer Möglichkeiten – Frontalansicht, Aufsicht, Untersicht oder Übersicht – zusammengefasst. Viele seiner Werke weisen daher eine perspektivische Ambivalenz zwischen distanzierter Übersicht und fokussierter Detailschärfe auf. Werke wie Chicago Board of Trade III, (1999), Madonna (2001) oder Boxenstopp (2007) beruhen auf einem sehr komplexen Bildaufbau und verzichten auf die Betonung einer Zentralperspektive, alle Einzelheiten scheinen in diesen Bildern gleichwertig.

Andreas Gursky, der mit seinen Arbeiten einen wesentlichen Beitrag zur internationalen Bedeutung der zeitgenössischen deutschen Fotografie leistet, studierte 1977-1981 an der Folkwang-Universität-Gesamthochschule in Essen bei Otto Steinert und Michael Schmidt. Daran schloß sich ein Studium an der Staatlichen Kunstakademie Düsseldorf an, wo er von 1985 an bis zum Abschluß 1987 Meisterschüler von Bernd Becher war. Andreas Gursky gehört mit Candida Höfer, Axel Hütte, Thomas Ruff, Jörg Sasse und Thomas Struth und anderen zur Gruppe der Becher-Schüler, für die der Begriff „Düsseldorfer Fotoschule“ geprägt wurde. 2010 wurde Andreas Gursky als Professor an die Kunstakademie Düsseldorf berufen und unterrichtet hier eine Klasse für Freie Kunst.

Blick in die Ausstellung ANDREAS GURSKY im Museum Kunstpalast, Düsseldorf. Links: Hamm, Bergwerk Ost, 2008, 307 x 223,6 cm, © Andreas Gursky / VG Bild-Kunst, Bonn 2012 Courtesy Sprüth Magers Berlin London; Rechts: Bahrain I, 2005, 306 x 221,5 cm, © Andreas Gursky / VG Bild-Kunst, Bonn 2012 Courtesy Sprüth Magers Berlin London. Foto: Stefan Arendt, Medienzentrum Rheinland

 

Katalog:

Begleitend zur Ausstellung erscheint im Steidl-Verlag ein 68 Seiten umfassender Katalog mit Textbeiträgen von Hans Irrek, Beat Wismer und John Yau. Preis im Museumsshop: 24,80 Euro Preis im Buchhandel: 24,80 Euro, ISBN 978-3-86930-554-7

Öffnungszeiten:

Di-So, 11 – 18 h, Do, 11 – 21 h

Eintrittspreise :

10,- Vollzahler, 8,- ermäßigt, auch Gruppenpreis ab 10 Personen 23,- Familienkarte Kombiticket mit Sammlungen und allen anderen Ausstellungen (Sammlungspräsentation im Palast ab ca. 01.10.12) 12,- Vollzahler, 10,- ermäßigt, auch Gruppenpreis ab 10 Personen 27,- Familienkarte

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ab 27.10.: MUSEUM LUDWIG – David Hockney. A Bigger Picture

MUSEUM LUDWIG

David Hockney. A Bigger Picture

27.10.2012 – 03.02.2013

Seine Swimmingpool-Paintings gehören zu den populärsten Bildformeln der 1960er Jahre. Als schillernde Figur des Swinging London und Bildchronist eines coolen Californian Way of Life wurde David Hockney weltbekannt. Auch mit seinen eigenwilligen Porträts, meisterhaften Stillleben und Landschaftsgemälden, Fotocollagen, Bühnenbildern und intelligenten Verarbeitungen kunstgeschichtlicher Phänomene zählt er seit Jahrzehnten zu den bedeutendsten Künstlern der Gegenwart.

Dabei hält sein vielseitiges Werk immer neue Überraschungen bereit. Hatte Hockney bereits in Kalifornien die komplexe Wahrnehmung des Raumes unter anderem in Bildpanoramen des Grand Canyon verarbeitet, so ist die Landschaftsmalerei in den vergangenen Jahren geradezu ins Zentrum seines Schaffens gerückt. Seit seiner Heimkehr von Los Angeles ins ländliche East Yorkshire, die sich bereits 1997 anbahnte und 2005 zu Hockneys dauerhaftem Aufenthalt in England führte, schuf er eine überwältigende Vielfalt wunderbarer Landschaftsbilder. Teils direkt in der Natur gemalt, bieten die oft monumentalen Formate dem Betrachter einen unmittelbaren Zugang. Dann wiederum übersetzt der Künstler Landschaft in fast märchenhafte, ornamental stilisierte Szenerien, die uns in eine farbenprächtige Traumwelt entführen.

David Hockney "Winter Timber", 2009 Öl auf 15 Leinwänden / Oil on 15 canvases Je / each 91,44 x 121,92 cm, gesamt / total 274,32 x 609,60 cm © David Hockney Photo: Jonathan Wilkinson

Parallel zur traditionellen Malerei experimentiert Hockney intensiv mit Bildschirm-Zeichnungen. Der Touchscreen seines Smartphones, später dann das iPad ermöglichen ein äußerst schnelles Arbeiten, lassen Bilder entstehen, die durch enorme Frische und Unmittelbarkeit bestechen. Zugleich weisen sie in ihrer synthetischen Anmutung einen seltsam irrealen Unterton auf. Sowohl auf den leuchtenden Screenoberflächen als auch in großformatigen Ausdrucken bilden sie ein wesentliches Element der Ausstellung. Seit 2010 widmet sich David Hockney der Landschaftsthematik darüber hinaus in beeindruckenden Multi-Fokus-Filmen. Auch diese von ihm entwickelte Aufnahmetechnik, die in der Projektion auf neun oder gar achtzehn zu einem Bild gefügten Monitoren ein einzigartig intensives Seherlebnis bietet, nimmt in der Kölner Ausstellung breiten Raum ein. Lässt sich der Betrachter auf die außergewöhnliche Offenheit des Gesamtbildes ein, so vermag er hier weitaus bewusster und selbstbestimmter zu sehen, als es der festgelegte Fokus einer einzelnen Kamera je erlauben würde.

David Hockney "The Arrival of Spring in Woldgate, East Yorkshire in 2011(twenty eleven)" Aus einem 52-teiligen Werk / one of a 52 part work Öl auf 32 Leinwänden / Oil on 32 canvases Je / each 91,44 x 121,92 cm, gesamt / total 365,76 x 975,36 cm © David Hockney Photo: Jonathan Wilkinson

In ihrer Komplexität zeigt die Ausstellung einen Künstler, der dem klassischen Thema Landschaft auf souveräne Weise neue Impulse verleiht, wobei in all den Arbeiten eine tiefe Liebe zur sichtbaren Welt und zur Schönheit der Dinge mitschwingt. Am Ende kommt dann plötzlich noch ein neues Thema ins Spiel. Zwölf Jongleure agieren in einem Bildfeld aus 18 Screens, ermöglichen eine ungewohnt neue Wahrnehmung von Bewegung in Raum und Zeit und damit – wie sollte es bei David Hockney anders sein – bereits einen erwartungsreichen Ausblick auf Folgendes.

David Hockney "The Arrival of Spring in Woldgate, East Yorkshire in 2011 (twenty Eleven) - 2 January 2011!" 1 Zeichnung aus einem 52 -teiligen Werk / One of a 52 part work IPad - Zeichnung auf Papier / IPad drawing printed on paper 144,14 x 107,95 cm © David Hockney

Die Ausstellung wurde organisiert von der Royal Academy of Arts London, in Kooperation mit dem Museum Ludwig, Köln und dem Guggenheim Museum, Bilbao. Kuratoren der Ausstellung sind Marco Livingstone und Edith Devaney in Kooperation mit Stephan Diederich.

In London brach die Ausstellung „David Hockney: A Bigger Picture“ mit mehr als 650 000 Besuchern alle Rekorde. Für die Kölner Ausstellung hat der Vorverkauf bereits begonnen. Tickets sind im Internet unter www.koelnticket.de, über www.museum-ludwig.de oder telefonisch unter 0221-2801 erhältlich.



Museum Ludwig
Heinrich-Böll-Platz
50667 Köln

Telefon +49-221-221-26165
Telefax +49-221-221-24114
E-Mail info@museum-ludwig.de
www.museum-ludwig.de

Öffnungszeiten
Dienstag bis Sonntag (inkl. Feiertage): 10 – 18 Uhr
Jeden ersten Donnerstag im Monat: 10 – 22 Uhr
Montags geschlossen.





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Ausstellung „DIDIER VERMEIREN“, Skulpturenpark Cragg Foundation

Skulpturenpark Waldfrieden – Cragg Foundation (Wuppertal)

DIDIER VERMEIREN

27. OKT 2012 bis 17. FEB 2013

Diesen Samstag (27.10.2012) öffnet im “Skulpturenpark Waldfrieden“ der Tony-Cragg-Foundation in Wuppertal die Ausstellung „Didier Vermeiren“. Dies nahm die Redaktion von KunstDuesseldorf zum Anlass, sich die Ausstellung bereits vorab anzuschauen. Eingeladen dazu hatten der gastgebende Hausherr Tony Cragg sowie Didier Vermeiren, die beide bei dieser Preview anwesend waren.

Was zunächst auffällt, ist gar nicht mal künstlerischer Art: beide Künstler, sowohl der ausstellende Diedier Vermeiren (neben seiner eigenen künstlerischen Tätigkeit auch Professor an der Kunstakademie Düsseldorf), als auch Tony Cragg (Rektor selbiger Kunsthochschule und international renommierter Bildhauerkollege), wirken sehr „bodenständig“ und unprätentiös und heben sich dadurch sehr angenehm von dem ansonsten doch zeitweise eher schrillen Gehabe in der heutigen Kunstszene ab – und es wird deutlich: die beiden Künstler „ruhen“ auf festen Werten und klaren künstlerischen Positionen, die sie mit ihren Werken so auch authentisch nach außen tragen.

Didier Vermeiren (links) und Tony Cragg (Foto: Rosa Speck)

Die in der Ausstellung gezeigten bildhauerischen Arbeiten Vermeirens manifestieren geradezu dieses Insichruhen. Dies wird evident aus der direkten Anschauung heraus und bedarf keiner weiteren Erklärung. Der Sockel, der üblicherweise eine untergeordnete, dem Kunstwerk dienende Funktion hat, nämlich die, das Kunstwerk zu präsentieren, es darauf ruhen zu lassen, wird von Vermeiren selbst zum Kunstwerk erhoben. Vermeiren setzt sich mit dem Sockel als eigenständiges Kunstwerkes auseinander und sucht dabei auch immer wieder den Dialog zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Ziel seines bildhauerischen Schaffens ist es zudem, durch das Wirken seiner Skulpturen den sie umgebenden Raum selbst mit einzubeziehen, eine Inkorporation des Raumes durch die Skulptur zu erreichen.

Glaspavillon
Mit dem Glaspavillon auf dem Gelände des Skulpturenpark “Waldfrieden“ wurde ein idealer Raum gefunden, eine solche Inkorporation des Raumes gelungen umzusetzen. Der Glaspavillon, der im Zuge der Umgestaltung des Geländes zum Skulpturenpark neu errichtet wurde, besticht durch seine klare und filigrane Architektur und lässt den Eindruck entstehen, man stünde im wahrsten (aber positiven) Sinne im Wald. Die ihn umgebenden Laubbäume filtern das einfallende Licht auf natürliche und angenehme Weise, so dass es einer künstlichen Beschattung nicht bedarf.


Gezeigt werden rund ein Dutzend Exponate unterschiedlicher Textur und Stofflichkeit, von glatten, flächigen Werken bis hin zu “handgreiflich“ verformten Quadern – von Holz über Gips bis hin zu Stoffgewebe. Einzelne Arbeiten wie die „Étude pour l’Urne“ erinnern mit ihrer, wenn auch nicht akribisch durchgearbeiteten Ornamentalik an ein korinthisches Säulenkapitell. Gerade die stärker verformten Skulpturen lösen im Betrachter den leider nicht zu erfüllenden Wunsch aus, dem aufkommenden haptischen Verlangen nachzugeben und sie zu berühren. Ganz puristisch wird es bei einem Kunstwerk, welches nur Sockel ist: ein Gestell, locker bespannt mit einem weißen Stoffgewebe – kein weiteres, es tragendes Kunstwerk. Tony Cragg dazu: „Dieser leere Raum über dem Sockel erzeugt doch eine ungeheuere Spannung!“.

Didier Vermeiren, Étude pour l'Urne #1, 2008, Gips & bemaltes Holz, 210,5 x 124,5 x 124,5



Ihrer Leidenschaft für das Stoffliche, das Greifbare, verleihen beide Künstler auch über ihre Sprache Ausdruck: sehr gerne verwenden sie Begriffe wie „real“, „berühren“, „Qualität“. Mit dem Begriff „abstrakt“ und „Fiktion“ können sie dagegen nur wenig anfangen.



Die Ausstellung „DIDIER VERMEIREN“ beginnt am 27. Oktober und geht bis zum 17. Februar 2013.


Zum Abschluss einige Beispiele für Skulpturen von Tony Cragg, die im Park verteilt zu sehen sind.










Fotos Glaspavillon: Süleman Kayaalp
Fotos Außenbereich: Sven Blatt, Copyright: Sven Blatt





Mit dem Skulpturenpark „Waldfrieden“ hat die Tony-Cragg-Foundation einen „Leuchtturm der Kunst“ in die hügelige Landschaft von Wuppertal gestellt. Nach Restaurierung des historischen Baubestandes, Rekultivierung der Grünanlage und Errichtung des Glaspavillons wurde der Park im Jahre 2008 offiziell eröffnet. Zurzeit werden auf einer bewaldeten Freifläche von 5 ha zahlreiche Skulpturen – von Tony Cragg selbst, aber auch von weiteren namhaften Bildhauern der Moderne und Gegenwart wie Richard Deacon, Norbert Kricke, Wilhelm Mundt und Thomas Schütte präsentiert. Gegenwärtig wird an einer Erweiterung des Skulpturenparks inklusive zweier weiterer Ausstellungspavillons gearbeitet. Die Eröffnung des neuen Areals ist für das Frühjahr 2013 geplant.


Sven Blatt, Redaktion KunstDuesseldorf.de



Weitere Informationen unter www.skulpturenpark-waldfrieden.de



Skulpturenpark Waldfrieden
Tony-Cragg-Foundation
Hirschstraße 12
42285 Wuppertal






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ab 29.09: Folkwang – „Im Farbenrausch – Munch, Matisse u. die Expressionisten“

Museum Folkwang

Im Farbenrausch

Munch, Matisse und die Expressionisten

29. Sept. 2012 – 13. Jan. 2013

Verlängert bis 20. JAN!


Ernst Ludwig Kirchner Mädchen unter Japanschirm, um 1909 Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf © Foto: Walter Klein, Düsseldorf

Die Ausstellung Im Farbenrausch – Munch, Matisse und die Expressionisten konzentriert sich auf die Entstehung des Fauvismus und die Entwicklung des Expressionismus in Deutschland von 1905 bis 1911. Im Vordergrund stehen auf französischer Seite Henri Matisse, André Derain und Maurice de Vlaminck, die innerhalb dreier Jahre die Malerei endgültig vom Naturabbild befreiten und durch ihren neuartigen Einsatz der Farbe einen revolutionären Malstil kreierten. Im Farbenrausch untersucht, wie diese neue Malerei in den Jahren bis 1911 von den Künstlerinnen und Künstlern in Deutschland rezipiert wurde – insbesondere von Erich Heckel, Ernst Ludwig Kirchner, Max Pechstein und Karl Schmidt-Rottluff in Dresden, von Alexej von Jawlensky, Wassily Kandinsky, Gabriele Münter und Marianne von Werefkin in München respektive Murnau sowie von Franz Marc und August Macke.

Das Jahr 1905 ist für die Malerei in Frankreich wie auch in Deutschland von besonderer Bedeutung: In jenem Jahr verbrachten Matisse und Derain den Sommer im südfranzösischen Fischerdorf Collioure. Im südlichen Licht malten die beiden Freunde mit breiten, locker gesetzten Pinselzügen, in leuchtenden, ungemischten Farben vereinfachte Ansichten des Hafens und Blicke von einer Anhöhe auf das kleine Dorf. Der mit Derain befreundete Vlaminck wählte währenddessen Motive in den Vororten von Paris: Dorfszenen, hügelige Landschaften und Dampfer auf der Seine. Teilweise noch unter dem Eindruck der Malerei Vincent van Goghs und Paul Signacs befreiten sich Matisse und seine Künstlerkollegen von dem in Frankreich noch vorherrschenden Postimpressionismus und entwickelten ihren innovativen Stil. Den innovativen Umgang ihrer künstlerischen Väter mit der Farbe steigerte die junge Künstlergeneration zu einer „Orgie der reinen Farbtöne“ – so zumindest beschrieb der Kritiker Louis Vauxcelles deren Werke, die 1905 im Salon d’Automne ausgestellt waren, und nannte diese jungen Maler zunächst abschätzig „Fauves“ („wilde Tiere“).

André Derain Vue de Collioure, 1905 Blick auf Collioure Museum Folkwang, Essen © VG Bild-Kunst, 2012 © Foto: Museum Folkwang, 2012

Im gleichen Jahr 1905 gründeten Heckel, Kirchner, Schmidt-Rottluff und Fritz Bleyl in Dresden die Künstlergemeinschaft „Brücke“ mit dem Ziel, eine Alternative zur malerischen Tradition zu suchen und neue Möglichkeiten künstlerischen Gestaltens aufzuspüren. Ihr schlossen sich 1906 Max Pechstein und Emil Nolde an. Auch die „Brücke“-Künstler entwickelten ausgehend von den Wegbereitern der Moderne – Paul Cézanne, Vincent van Gogh und Paul Gauguin – ihren spontanen, unverwechselbaren Malstil, derdie subjektive Empfindung vor dem Motiv ins Zentrum stellt. Prägend für ihre Entwicklung war zudem ihre direkte Auseinandersetzung mit der Kunst der jungen Franzosen, die sie zu Ausstellungen nach Deutschland einluden, aber auch Edvard Munch spielte für sie eine zentrale Rolle ab 1907/1908. Der Norweger hielt sich wiederholt in Berlin, Hamburg, Dresden und Chemnitz auf, wo seine Gemälde und grafischen Werke gezeigt wurden. Über den Sammler Gustav Schiefler, der das Werkverzeichnis von Munchs Grafik herausgab, traten Heckel und Nolde 1907 in direkten Kontakt mit Munch. Doch trotz der Bemühungen der „Brücke“, ihn zur Teilnahme an ihren Ausstellungen zu bewegen, kam es nie zu einem gemeinsamen Auftritt.

 

Zur gleichen Zeit begegneten sich mit Jawlensky, Kandinsky, Münter und Werefkin Gleichgesinnte in München, die sich nach längeren Aufenthalten in Italien und Frankreich seit Herbst 1908 regelmäßig im oberbayerischen Murnau zum Malen trafen. Von Jawlensky ermuntert, näherten sie sich der neuen französischen Malerei an und änderten alsbald grundlegend ihren Blick auf die Natur. Marianne von Werefkin setzte sich zudem mit Munchs Bildwelt auseinander. Gemeinsam lösten auch sie die Farbe zunehmend vom Gegenstand und machten sie zu einem eigenständigen Gestaltungselement: Mit roten
Bäumen, blauen Bergen und gelben Wiesen steigerten diese Künstler die Landschaften zu spektakulären Motiven, getragen von einer in höchstem Maße subjektiven Wahrnehmung.

Die Expressionisten entwickelten eine neue Ästhetik, indem sie Linien, Farben und Flächen zu bildprägenden Formen zusammenfügten, die Farben vom Lokalton lösten, die Proportionen missachteten, alle Kompositionselemente gleichwertig behandelten und die Wiedergabe des Gesehenen mit einer zunehmenden Abstraktion verbanden. Nicht zuletzt aufgrund ihres Blickes nach Frankreich und auf Munchs Werk entwickelten diese Künstler bis 1911 den Expressionismus zu einer eigenständigen, unverwechselbaren Bildsprache – eine der bedeutendsten Leistungen der Moderne in Deutschland. Als solche feierte er 1912 anlässlich der Internationalen Kunstausstellung des Sonderbundes westdeutscher Kunstfreunde und Künstler in Köln seinen ersten öffentlichen Triumph.

Henri Matisse Les toits de Collioure, 1905 Die Dächer von Collioure Staatliche Eremitage, St. Petersburg © Succession H. Matisse / VG Bild-Kunst, Bonn 2012 © Foto: Staatliche Eremitage, Vladimir Terebenin, Leonard Kheifets, Yuri Molodkovets

Mit der Ausstellung und mit dem begleitenden Katalog Im Farbenrausch zeichnen wir diesen Wandel des Malstils in Frankreich und etwas zeitversetzt in Deutschland nach. Unser Augenmerk richtet sich dabei auf den neuartigen Umgang mit der Farbe und dessen Folgen: wie sie sich zunehmend von ihrer naturabbildenden Funktion löst, der Linie als Gestaltungselement übergeordnet und zum Ausdrucksträger inneren Erlebens wird. In der direkten Gegenüberstellung ausgewählter Werke wird deutlich, wie nahe sich die hier vertretenen Künstler in der Bildauffassung waren, aber auch wie unterschiedlich ihre Herangehensweise war. Die Fauves definierten das Verhältnis zwischen Natur und Kunst neu, indem sie den Bildraum aus dem kraftvollen Zusammenwirken der Farben entstehen ließen. Sie lehnten das Festhalten der flüchtigen Erscheinung des Motivs, wie bei den Impressionisten, ab und strebten stattdessen nach dem beständigen Charakter der Dinge. Die Künstler der „Brücke“ gestanden sich in ihrem Programm von 1906 weitere Freiheiten zu, wonach jeder „unmittelbar und unverfälscht“ das wiedergeben solle, „was ihn zum Schaffen drängt“. Dabei stand für sie die Spontaneität im Malakt an vorderster Stelle. Kandinsky hingegen forderte im Gründungszirkular der „Neuen Künstler-vereinigung München“ im Januar 1909, nach künstlerischen Formen zu suchen, die „von allem Nebensächlichen befreit sein müssen, um nur das Notwendige stark zum Ausdruck zu bringen – kurz, das Streben nach künstlerischer Synthese“.

 

In der Wahl ihrer Motive blieben all diese Künstler zwar den traditionellen Gattungen verpflichtet, sie befreiten sie jedoch von den akademischen Konventionen. So begegnen wir bei Braque, Derain, Matisse, Manguin und Vlaminck vorwiegend Landschaften, Ansichten von Collioure, Chatou oder L’Estaque, bei van Dongen vermehrt Porträts und Aktdarstellungen; Matisse und Vlaminck malten an Farben und Gegenständen überbordende Stillleben; das klassische Thema des Aktes in der Landschaft wurde von Matisse radikal erneuert. Die Dresdener Malerfreunde malten neben Landschaften vorwiegend nackte Modelle in ihren Wohnräumen, die sie zugleich als Ateliers nutzten (möbliert mit von ihnen selbst geschaffenen Möbeln und Gegenständen), oder sie hielten ihr unbekümmertes, zügelloses Dasein in der Seenlandschaft um Dresden malerisch fest. Während das Stillleben von ihnen vernachlässigt wurde, spielte es für Jawlensky, Münter und Macke eine wichtige Rolle. Für die in Oberbayern arbeitenden Maler bildete die Landschaft das zentrale Motiv, wohingegen man Badende bei ihnen vergeblich sucht. Das Motiv der Dame mit Hut wiederum hat alle Künstler gleichermaßen begeistert, seit Matisse sein berühmt gewordenes Gemälde Frau mit Hut – das leider aufgrund einer testamentarischen Verfügung nicht an Ausstellungen verliehen werden kann – 1905 im Salon d’Automne ausgestellt und damit einen großen Skandal ausgelöst hatte.

Bezogen auf diese Zeit sprach der Berliner Kunsthistoriker und Museumsgründer Eberhard Roters 1988 in seinem Aufsatz Ausstellungen, die Epoche machten treffend von „farbensprühenden Bildern“, die nun eingezogen seien „in gepflegte Räume“. Im Blick hatte er die hierzulande bisweilen sehr engagierten Galeristen und Direktoren von Kunstvereinen, aber auch die Privatsammler, in deren Häusern die neuen Bilder auf Tapeten im Dekor des ausgehenden 19. Jahrhunderts hingen, „in einer Atmosphäre bürgerlicher Wohlanständigkeit“. In den Museen dagegen fanden die Werke der Franzosen und der deutschen Expressionisten zunächst nur sehr selten Berücksichtigung – mit Ausnahme des Museum Folkwang eigentlich in keinem. Osthaus hatte sich in den ersten Jahren nach der Gründung der Museums nahezu ausschließlich für zeitgenössische Künstler aus Frankreich und Belgien interessiert. Henry van de Velde, der nicht nur die Innenausstattung des Hagener Museumsbaus, sondern auch das private Wohnhaus des Sammlers entworfen hatte, führte Osthaus bei den Kunsthändlern Ambroise Vollard in Paris und Paul Cassirer in Berlin ein. „In weniger als einem Jahr hatte er Werke von Monet, Renoir, Seurat, Signac, Cross, van Gogh, Gauguin und Skulpturen von Minne, Rodin und Constantin Meunier erworben“, schrieb van de Velde in seinen Erinnerungen. August Macke bestätigte diese Darstellung, als er Ende Mai 1908 erstmals nach Hagen kam und von dort am 1. Juni dem Sammler Bernhard Koehler nach Berlin berichtete: „Es ist eine ausgewählt schöne Sammlung, wie sie wohl selten zusammenkommt. Er (Osthaus, d.V.) hat nicht nur die besten Modernen, auch alte Sachen, viel Ägyptisches, Griechisches, Indisches, Gotisches und Italienisches. Wir waren ganz jeck, wie man hier sagt.“

Erstaunlich ist, dass Macke die „besten Modernen“ nicht namentlich nennt. Denn bei seinem Besuch konnte er auch drei Gemälde von Matisse entdecken, etwa das in Collioure gemalte Stillleben mit Affodillen, das erste Werk des Franzosen in einem Museum, das der Sammler im Oktober 1907 bei Bernheim-Jeune erworben hatte. Im Dezember 1907 widmete das Folkwang Matisse eine Einzelausstellung mit sieben Gemälden. Im Februar 1908 erwarb Osthaus Die Uferpartie (heute im Kunstmuseum Basel) und noch im Frühjahr desselben Jahres gelangte Badende mit Schildkröte (heute im Saint Louis Museum of Art) in die Hagener Sammlung. Abgesehen von Arbeiten auf Papier und ebenfalls 1908 gestalteten Kacheln, die in einer Wand im privaten Haus Hohenhof eingelassen wurden, konnte sich Osthaus noch Matisses unglasierte Terrakotta Liegender Akt sichern (heute Statens Museum for Kunst, Kopenhagen), die 1907 den Ausgangspunkt für Blauer Akt darstellte, eines der programmatischen Bilder des Künstlers. In derselben Zeit erwarb Osthaus auch Der Hafen von L’Estaque (heute Stiftung Sammlung E.G. Bührle, Zürich) aus Braques fauvistischer Phase und Kees van Dongens Porträt der japanischen Tänzerin Sada Yacco (1945 zerstört). Zu den Künstlern, deren Werke ebenfalls sehr früh Aufnahme in die Osthaus´sche Sammlung fanden, gehörte Edvard Munch. Bereits im Sommer 1903 soll sich das Gemälde Winter in Nordstrand (heute in Privatbesitz) im Hagener Museum befunden haben. 1906 richtete das Museum Folkwang Munch eine Ausstellung aus und im Bestandskatalog der Sammlung von 1912 sind bereits sechzehn grafische Blätter verzeichnet.

Als große Bewunderer der Hagener Sammlung erwiesen sich die „Brücke“-Künstler. Schon 1906 begann der Briefwechsel zwischen Dresden und Hagen im Hinblick auf eine Ausstellungsmöglichkeit der „Brücke“. Für Heckel bedeutete das Folkwang-Museum eine „moderne und für uns mustergültige Einrichtung“ und er fühlte sich geehrt, „in diesen schönen Räumen des ersten und vorläufig noch einzigen modernen Museums, (…) eine Ausstellung unserer Werke veranstalten zu können“, wie er in seinem Brief an Osthaus vom 3. Dezember 1906 schrieb. Im Juni 1907 fand die erste Gruppenaus-stellung der Dresdener Künstler in Hagen statt, im Juni 1910 eine weitere Präsentation. Im Vorfeld dieser Eröffnung setzte wohl August Kuth, Assistent am Folkwang, in der Rheinisch-Westfälischen Zeitung vom 5. Juni 1910 einen Pressetext ab und schwärmte darin für die Künstler der„Brücke“ und deren Ziele: „Unsere Juni-Ausstellung steht ganz im Zeichen des Sturmes und Dranges.

Junge Künstler, denen die Berliner Sezession nicht mehr zusagte, schlossen sich zur ‚Brücke‘ zusammen. War’s gekränkter Künstlerstolz, war’s das klare Bewußtsein eigenen Wertes – auf jeden Fall wollten sie frei sein vom bloßen Epigonentum, wollten auf eigenen Füßen stehen (…). Selbst wer im impressionistischen Sehen geübt ist, wer das sprühende Leben pointillistischer Darstellung erfaßt, wird hier Geduld haben müssen, wenn diese Bilder zu ihm sprechen sollen.“ Und weiter schrieb Kuth von der „Leuchtkraft“ klarer Farben, von „komplementärfarbigen Schatten“, „grandiose(r) Farbenglut“ sowie der Entwicklung des Bildes aus wenigen, aber wesentlichen Farbflächen: „Und die Farbe ist’s hier, die auch das innere Erlebnis der Künstlerseele widerspiegelt.“ Inneres Erleben und äußerer Eindruck sind nach Osthaus’ Auffassung in „harmonischem Farbakkord“ in Einklang gebracht. Nach diesen euphorischen wie authentischen Worten erstaunt es, dass der Sammler Osthaus nicht sofort Arbeiten aller „Brücke“-Künstler für seine Sammlung erwarb, sondern sich zunächst ausschließlich um Nolde bemühte. Dessen leuchtende Farbwelten sollte Osthaus bis 1912 durch zahlreiche Ankäufe anerkennen und – wie die Werke der anderen „Brücke“-Künstler auch – in Ausstellungen vermitteln, etwa in diejenigen des „Sonderbundes westdeutscher Künstler“, für den sich Osthaus nachhaltig
einsetzte.

Auch Kandinsky, Macke, Marc und Münter, die Künstler der „Neuen Künstlervereinigung München“ und des daraus hervorgegangenen „Blauen Reiter“, waren seit 1909 in Kontakt mit dem Hagener Folkwang-Museum und präsentierten ihre Werke in unterschiedlicher Zusammensetzung in vier Ausstellungen. Im Jahr 1912 machte „Der Blaue Reiter“ auf seiner Deutschlandtournee in Hagen Station und wetteiferte dort in seiner programmatischen Vielfalt der künstlerischen Ausdrucksmittel mit der Folkwang-Sammlung. Die Industriestadt Hagen war zu jener Zeit die Begegnungsstätte für Avantgarde-Kunst und das Museum Folkwang schon vor hundert Jahren bildlich gesprochen „im Farbenrausch“! Das Osthaus’sche Erbe ging mit dem Erwerb der Folkwang-Sammlung 1922 an Ernst Gosebruch, den damaligen Direktor des Kunstmuseums Essen, über. Dieser erfüllte mit der Zusammenführung der beiden Sammlungen in Essen nicht nur das Vermächtnis, sondern entwickelte die Sammlung höchst museal und im Sinne der Weltkunst weiter. Außerdem erwarb er sowohl Werke der „Brücke“-Künstler als auch der französischen Maler, besonders Derains. Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten verlor das Museum – das von dem amerikanischen Kunsthistoriker Paul J. Sachs 1932 als „schönstes Museum der Welt“ bezeichnet worden war – seine führende Rolle als Haus der Moderne. Die Beschlagnahmeaktion „Entartete Kunst“ von 1937 beraubte das Museum seiner nach 1910 entstandenen Werke der Avantgarde. Von der Osthaus’schen Sammlung blieben die Wegbereiter der Moderne erhalten und auch das Stillleben mit Affodillen von Matisse. Alle anderen Werke, insgesamt rund 1400 Arbeiten, allen voran diejenigen von Heckel, Kirchner, Schmidt-Rottluff, Kandinsky, Nolde und Marc, gingen für das Museum unwiederbringlich verloren. Nach 1945 gelang es den Museumsdirek-toren, die erlittenen Verluste mit wichtigen Neuerwerbungen – darunter auch Rückkäufen von 1937 beschlagnahmten Bildern – zu mildern. Darauf aufbauend können bis heute unter glücklichen Umständen Werke der für das Museum und seine Sammlungsgeschichte so wichtigen Künstler erworben werden.

Hundert Jahre nach dem zehnjährigen Museumsjubiläum 1912 in Hagen sind damit die Voraussetzun- gen gegeben, eine großartige Ausstellung zu zeigen zu einem Thema, das Osthaus einst mit seinem ebenso innovativen wie kreativen Sammeln in den Blick genommen hatte: eine Gegenüberstellung avantgardistischer Malerei aus Frankreich und Deutschland.

Weitere Infos.

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(Auszug aus dem Katalog, hrsg. vom Museum Folkwang, Edition Folkwang / Steidl, Göttingen 2012, S. 13 – 16 von Mario-Andreas von Lüttichau und Sandra Gianfreda.)



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asphalt-FESTIVAL: Erlebnisbericht zur Uraufführung „Atemwende/Unschärfe“

Atemwende/Unschärfe – ein Klangerlebnis der besonderen Art

Autor: Sven Blatt

Gestern Abend fand im Gebäude der HPZ (Hans-Peter-Zimmer-Stiftung), dem zentralen Austragungsort des asphalt-Festivals die Aufführung der beiden Kompositionen “Atemwende“ bzw. “Unschärfe“ statt. Bei erstem Teil verwendete der Komponist Bojan Vuletic Gedichte von Paul Celan als “Vorlage“ für seine Serie der “Re-composing Art“, bei der “Unschärfe“ standen 8 Gemälde von Gerhard Richter Pate. Die Kompositionen wurden von einem New Yorker Ensemble, bestehend aus dem Trompeter Nate Wooley und dem MIVOS String Quartet (Olivia De Prato, Joshua Modney, Victor Lowrie, Mariel Roberts), vorgetragen.

Da es ein Anliegen der Veranstalter ist, und was wohl für das Festival auch namensgebend war, das ist, den Raum und die Orte einer Stadt in ihr Konzept mit einzubeziehen, also statt eines Festivals, ein Stadtfestival auf die Beine zu stellen. So haben sich die Initiatoren des Festivals mit dem Gebäude der HPZ – einer alten Brotfabrik – bislang vielen besser bekannt unter dem Namen CON-SUM – dann nur folgerichtig für einen Hauptspielort weg von den etablierten Häusern hin zu authentischen Orten der Stadt entschieden. Dieser Ort steht beispielhaft für viele andere Orte der Stadt, die im Wandel der Zeit eine Funktionstransformation erfahren und dadurch auch einen neuen, anderen Lebensraum schaffen.

Asphaltparadies
Treppe zum Aufführungsort

Wer dieses Gefühl etwas aus-
kosten möchte, der sollte etwas früher kommen und das schöne Hinterhofidyll des “asphalt-Paradies(es)“ mit der Möglichkeit zur bodenständigen Verköstigung genießen. Zum Aufführungsraum gelangt man dann “stilgerecht“ über eine Behelfstreppe in Gerüstbauweise.

Die Bühne
Der Raum selbst ist nur Raum: karg, abgebrochene, fehlende Gebäudeteile, Reste einer Deckenverkabelung, einfache Bestuhlung, minimalistische Beleuchtung – man fragt sich unweigerlich, ob vom Abriss bedroht – für eine avantgardistischen Musikinszenierung sicherlich ein möglicher, wenn nicht gar idealer Aufführungsort.


Das Ensemble

Nun zur Aufführung selbst: der erste Teil “Atemwende“ ist besetzt mit Erster und Zweiter Geige (De Prato bzw. Modney), Trompete (Nate Wooley), Bratsche (Lowrie) sowie Cello (Roberts). Beginnt “Atemwende“ zunächst noch zaghaft, mit einem Schlieren, einem Summen, einem An- und Abschwellen und in einer gewissen Harmonie, wird dem Zuhörer ziemlich

Komponist Bojan Vuletic bei der Einführung
schnell vor Ohren geführt: das hier ist keine temperierte Wohlfühlmusik, sondern hier geht um die musikalische Nachempfindung einer vielschichtigen Dichterpersönlichkeit mit all ihren Höhen und Tiefen.
Bojan Vuletic hatte mir bereits in einem Vor-
ab-Interview hierzu erklärt, dass er einen
gewissen Keil in dem Menschen Paul Celan wahrgenommen hat und dass er dies durch seine Komposition und die spezielle Besetzung dieses Werkes (die Trompete als Keil zwischen den Streichinstrumenten) zum Ausdruck bringen möchte. So ist es auch immer wieder die Trompete, die – in Momenten, in denen man als Zuhörer fast der nahenden Gefahr unterliegt, sich zurück zu lehnen – stört, verstört, irritiert. Obwohl die Streichinstrumente die Trompete immer wieder zu besänftigen, sie einzuholen versuchen, sie hierzu teilweise sogar fast zärtlich umspielen, gelingt es ihnen nur in ganz kurzen Momenten. Es bleibt eigentlich immer bei einem Nebeneinander: auch wenn rhythmisch immer wieder nach Gemeinsamkeiten bei einzelnen Motiven gesucht wird – dies wird dann meist durch Disharmonien in den Akkorden konterkariert. Der Großteil der Komposition ist gekennzeichnet von einer Zerrissenheit, eines Getriebenseins, einer Suche, die aber nur selten in Momente der Zufriedenheit und Glück zu münden scheint. Zeitweise hatte ich das Bild einer Dichterschreibstube mit ihren diversen Nebengeräschen in der Stille vor Augen, in die sich Celan – in seine Gedanken versunken – zurückgezogen hat. Vuletic räumt seiner Besetzung erheblichen improvisatorischen Spielraum ein. So werden die Instrumente in all ihren möglichen Spielarten ausgereizt: Streichinstrumente werden zeitweise zu reinen Resonanzkörpern, die nur das Schleifen der Bögen auf ihrem Holz akustisch verstärken. Die Trompete wird zur röchelnden Röhre, zum Beatbox-Instrument, zum Dicheridoo australischer Ureinwohner. Dies verlangt dem Ensemble höchste Anstrengung ab und wird von diesem dennoch virtuos gemeistert. Es dürfte spannend sein, wie diese Aufführung heute (19h30) bei der Aufführung in der Berger Kirche klingen wird.

Das Publikum
Vororientierung auf die folgende "Unschärfe"

Im zweiten Teil verhandelt Vuletic dann acht Gemälde von Gerhard Richter (Wald, Blumen, Zwei Fiat, Gehöft & Schnee, Ausschnitt, Arena und Akt an einer Treppe), allerdings in veränderter Besetzung – die Trompete fehlt. Dies ist jedoch für mich auch schon der einzig hörbare Unterschied zum ersten Teil der Aufführung. Ansonsten bleibt es – zumindest für meiner Ohren – stilistisch bei den gleichen Mustern: kleine Motivfragmente werden immer wieder durch “Nebengeräusche“ unterbrochen, für meinen Geschmack zu oft über den Einsatz von Pizzicato-Passagen realisiert. Ich interpretiere das als den Versuch, das übergeordnete Thema – die Unschärfe – heraus zu arbeiten oder auch als das schrittweise Verarbeiten des Gesehenen, quasi in einzelne, akustischen Fragmente zerlegt. Wer mit der Erwartungshaltung in diese Aufführung gegangen war oder noch gehr, die einzelnen Gemälde über die Musik wieder zu erkennen, der wird enttäuscht sein, denn es handelt sich nicht um eine Vertonung von Gemälden, wie mir Vuletic im Interview bereits erklärte, sondern um seine subjektiven musikalischen Assoziationen, die er persönlich beim Betrachten der Gemälde von Gerhard Richter hat. Entsprechend fehlen in dieser Komposition dann auch die akustischen Klischees, die man nur allzu gerne mit gewissen Bildmotiven in Verbindung bringen möchte (z. B. Vogelgezwitscher beim “Wald“). Das ist vielleicht dann auch der Unterschied zwischen dem Celan-Bezug bzw. dem Richter-Bezug: der Bezug zu den Gemälden von Richter ist konkreter als das Psychogramm von Celan – bei Richter neigt man dazu, sich automatisch ein Bild zu machen (insbesondere unterliegt man als bildender Künstler wie ich es bin, dieser Versuchung) und das läuft dann zwangsweise ins Leere. Auch wenn ich mich vermutlich nicht ganz von dieser Erwartungshaltung habe freimachen können -ich hätte mir eine klarere Unterscheidbarkeit zwischen den Teilen “Atemwende“ und “Unschärfe“ gewünscht, vielleicht auch durch einen größeren Unterschied in der Besetzung. Aber auch zwischen den einzelnen Bildern der “Unschärfe“ waren musikalische Unterschiede nur schwierig identifizierbar. Ohne Pausen zwischen den einzelnen Bildern wäre der Zuhörer etwas orientierungslos und überfordert gewesen. Für die Darstellung der “Unschärfe“ mag das in Ordnung gehen. Damit werden die verwendeten Bilder oder ihre Reihenfolge dann allerdings auch austauschbar.

Insgesamt war die Aufführung ein künstlerisches Gesamterlebnis der besonderen Art und eine willkommene Abwechslung für meine Hör- und Wahrnehmungsgewohnheiten. Ich hoffe meine Leserschaft neugierig gemacht zu haben und den ein oder anderen dazu angeregt zu haben, sich heute (08. Juli) die zweite Aufführung in der Berger Kirche ab 19h30 anzuschauen.

Weitere Informationen: www.asphalt-festival.de

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04.07.: 10 Jahre KPMG-Kunstabend Kunstsammlung NRW

04.07. Kunstsammlung NRW: 10 Jahre KPMG-Kunstabend

In der Reihe KPMG-Kunstabende wird jeden ersten Mittwoch im Monat ab 18.00 Uhr ein abwechslungsreiches Programm mit verschiedenen Themenführungen und Veranstaltungen präsentiert.

Anlässlich des nun zehn Jahre währenden Engagements von KPMG für die Kunstsammlung lassen Marion Ackermann und Kai Andrejewski, Regionalvorstand West von KPMG, am 4. Juli im K21 (20.00 Uhr) die wichtigsten Momente der Kooperation Revue passieren und wagen einen Blick in die Zukunft. Wie immer am KPMG Kunstabend haben die Häuser der Kunstsammlung bei freiem Eintritt von 18.00 Uhr bis 22.00 Uhr geöffnet. Zahlreiche Führungen und ein Vortrag zur Ausstellung „Fresh Widow“ finden parallel im K20 an diesem Abend statt: Margarete Pratschke, Kunsthistorikerin aus Zürich, zieht Vergleiche zwischen Fensterbildern der Kunstgeschichte und digitalen Benutzeroberflächen.

Kunstsammlung NRW

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asphalt Festival: Interview Bojan Vuletic (TEIL 2): „Atemwende, Unschärfe“

„ATEMWENDE“ und „UNSCHÄRFE“

TEIL 2 des Interviews mit Bojan Vuletic, musikalischer Leiter des “asphalt-Festivals“



Bojan Vuletic, Foto: Emanuela Danielewicz
Während uns Bojan Vuletic, künstlerischer Leiter MUSIK des „asphalt-Sommerfestivals“, in TEIL 1 seines Interviews einen tiefen Einblick in die Vision und in die Entstehungsphase des Festivals gewährt hat, geht es nun im TEIL 2 im Speziellen um den Festivalbeitrag von Bojan Vuletic selbst – den Kompositionen „Atemwende“ sowie „Unschärfe“ – letztere wird zum Festival ihre Uraufführung haben.

KunstDuesseldorf (KD): Herr Vuletic, Sie steuern mit den beiden Kompositionen „Atemwende“ sowie „Unschärfe“ selbst einen Teil zum musikalischen Programm des Festivals bei. Worum geht es bei diesen Kompositionen?

Vuletic : Das ist ein Gedanke, der mich im Kern bereits seit mehreren Jahre verfolgt. Ab einem bestimmten Punkt, so etwa 2005, da sind bestimmte Sachen mit mir künstlerisch passiert, wo mir klar wurde, was sind eigentlich meine künstlerischen Wurzeln, was interessiert mich an der Kunst im Allgemeinen. Dabei ist mir klargeworden, dass es so ca. 15 Gestalten gibt aus den verschiedensten Bereichen – gar nicht mal so viele aus der Musik – die mich unglaublich beeinflusst haben. Das sind Menschen wie Paul Celan, wie Gerhard Richter , das ist Picasso oder das ist ein Paul Strand im fotografischen Bereich, um mal ein paar zu nennen, die unglaubliche Wirkung auf mich hatten und immer noch haben – und da kam der Gedanke auf, ich würde gerne meine völlig subjektive Wahrnehmung der Werke dieser Künstler in irgend eine musikalische Form bringen. Im vorletzten Jahr ist mir auch klar geworden, es muss auch eine Reihe sein, die habe ich dann „Re-Composing Art“genannt und mit Art ist jetzt nicht nur der bildende Bereich gemeint, sondern wirklich das gesamte Spektrum, was es von Musik bis hin zur Poesie gibt. Die Idee ist eigentlich simpel formuliert: ich nehme diese Künstler und ihre Werke in ihrer subjektiven Wirkung auf mich und übersetze diese und die Summe meines Wissens über diese Künstler in Musik als ein abgeschlossenes neues Werk. Das ist aber nicht so, dass ich jetzt quasi eine Begleitmusik zu einem bestimmten Gemälde komponiere, sondern es ist ein völlig abgeschlossenes künstlerisches Werk, das aber jeweils immer ganz klar dem jeweiligen Künstler zuordenbar ist. Die einzelnen Teile – es sind Werke zwischen 40 und 60 Minuten – beziehen sich ganz konkret auf bestimmte künstlerische Werke. Das ist überhaupt nicht der Versuch jetzt etwas quasi eins zu eins umzukomponieren, sondern es geht darum, welche Seiten in meinem Körper angeschlagen werden, wenn ich z. B. ein Gedicht lese oder ein Bild von Gerhard Richter sehe. Das hat dann dazu geführt, dass ich den ersten Teil des Zyklus in 2011 komponiert habe, der heißt „Atemwende“ – neun Gedichte von Paul Celan . Das hatte Uraufführung im „ISSUE Project Room“ in New York, was eine wichtige Institution ist für neue Musik. Was mich dort sehr interessiert, ist, dass da sowohl Sachen aus der klassischen neuen Musik als auch aus der völlig freien improvisatorischen Szene stattfinden und das sind eigentlich zwei Sachen, die mir sehr wichtig sind – beide. So gibt es in meinen Werken auch Teile der Improvisation und natürlich auch völlig auskomponierte Teile. „Atemwende“ ist ein Stück für Streichquartett und Trompete. Man kann sich das so vorstellen: ich nehme einen gewissen Keil in dem Menschen Paul Celan wahr und das hat dann dazu geführt, dass ich in der Streichquartett-Trompete-Situation – von links beginnend mit 1. Geige, 2. Geige, dann sitzt in der Mitte diese Trompete, wie so ein Keil in diesem Streichquartett und dann kommen Bratsche und Cello – dass ich das dann quasi so auch in der Besetzung umgesetzt habe.

Der zweite Teil dieser „Re-Composing Art“-Reihe heißt „Unschärfe“, nach Bildern von Gerhard Richter. Es handelt sich dabei jedoch um völlig unterschiedliche Bilder, also nicht nur um die Unschärfe, wie man sie von seinen nach Fotografien gemalten Bildern her kennt, sondern auch um andere, wo ich ebenso das Prinzip der Unschärfe wiederentdecke. Die „Unschärfe“ wird dieses Jahr dann Uraufführung während des Festivals haben – am 07.07. – und wird am 08.07. ein zweites Mal im Rahmen des Festival aufgeführt werden – dann in der Berger Kirche, aber wieder mit den gleichen Musikern aus New York.

KD: Diese quasi musikalischen Übersetzungen von zum einen Poesie und zum anderen von Gemälden – basieren diese nur auf deinen subjektiven Wahrnehmungen dieser Werke oder sind hier auch andere Quellen eingeflossen, wie z. B. Bekundungen der Künstler selbst zu ihren Werken?

Vuletic: Es ist so, dass ich schon die Summe meines Wissens über diesen oder jenen Künstler dabei einfließen lasse. Manchmal bin ich dabei wählerisch und exklusiv – ich habe z. B. seit 2 Monaten die DVD des Gerhard Richter Films bei mir zu Hause, die habe ich nach den ersten 2 Minuten wieder ausgemacht, das wollte ich irgendwie – jedenfalls zu diesem Zeitpunkt, ich habe gerade geschrieben – nicht sehen. Ich habe speziell für Gerhard Richter, also auf die Uraufführung bezogen, relativ viel recherchiert. Von ihm selbst gibt es ja nur relativ spärliche eigene Aussagen zu seinen Kunstwerken. Er sagt ja ganz klar, die Kunst muss auf den Menschen wirken und dann wäre es – mit meinen eigenen Worten und Wahrnehmung jetzt ausgedrückt – eher kontraproduktiv, zu viel über seine eigene Kunst zu reden. Ich stehe im bei dieser Aussage auch sehr nahe. Deswegen ist es schwer, von ihm Zitate zu finden. Wenn er allerdings etwas sagt, dann ist er in seinen Äußerungen sehr präzise. An dem, was er sagt – da spiegelt sich dann auch diese unglaubliche Akribie und Perfektion – also da kann man erkennen: das ist ein ganz klarer Kopf (ich hoffe, ich tue ihm da jetzt mit diesem Satz wie ich ihn gesagt habe nicht irgendwie Unrecht). Ich habe natürlich auch über ihn gelesen, was ich so bekommen konnte – man muss auch immer auf die Quellen achten, wer es schreibt. Ich fand es auch unglaublich erhellend, dass er in seinen Zitaten nicht so explizit ist. Er sagt bestimmte Sachen konkret, präzise, aber eigentlich ist es so, wenn man dann ein paar seine Sätze gelesen hat, dann kann ich erst einmal gar nicht weiter lesen, dann muss ich diese erst mal auf mich wirken lassen und darüber nachdenken, was könnte das jetzt implizieren auf seine Bilder hin. Also er ist schon sehr impliziert und das ist etwas, was mir auch sehr nahe liegt und deshalb finde ich auch die Streichquartett-Besetzung für sein Stück sehr gut, weil – Ideen können dadurch nur angedeutet werden ohne sie explizit zu formulieren und dass man trotzdem in diesem Kontext vier Spieler hat, die monofon, manchmal auch mehrstimmig spielen, dass die so zu sagen alle in ihrer Phrasierung eigen sind, eigen sein können, weil es meistens eine völlige Polyfonie gibt und deswegen ist das ganz schön.

KD: Haben Sie noch vor, sich die Gerhard Richter DVD anzuschauen?

Vuletic : Sicherlich, natürlich – aber ich nehme an, das wird wohl erst sein, nach dem ich die letzte Note zu dem Stück geschrieben habe.

KD: Gibt es Unterschiede bei dieser Art der musikalischen Verarbeitung zwischen Malerei und Poesie bzw. wo liegen die Gemeinsamkeiten? Sind Sie musikalisch an die Malerei anders herangegangen als an die Poesie?

Vuletic : Ich möchte diese Frage etwas anders beantworten: wenn ich ein Gedicht lese, das mich anspricht, das mich berührt oder das mich verstört, dann entsteht auch sofort eine Reaktion in meinem Körper, ich sehe Bilder, ich höre Musik, bestimmte Sachen passieren da … und das geht mir genau so, wenn ich ein Bild sehe, wenn es mich in irgend einer Form verstört sag ich jetzt mal – im positiven wie oder auch im negativen Sinne.

KD: Also rufen im Prinzip beide Kunstformen, Poesie und Malerei gleichsam gewisse Emotionen hervor?

Vuletic : Nicht nur Emotionen. Wenn ich “Bild“ sage, dann meine ich das wörtlich: es entstehen Bilder in mir. Wenn ich ein Gedicht lese und es entsteht ein Bild in meinem Kopf, dann ist dies sicherlich nicht völlig präzise, dieses Bild, aber es hat so eine bestimmte Stärke. Es passiert manchmal auch, dass ich dann assoziativ einen Klang wahrnehme oder eine bestimmte Art von kleinem Motiv. Das hört sich jetzt vielleicht etwas blöd an, aber das kann ich auch gar nicht steuern. Umgekehrt passiert es mir, wenn ich Bilder von Gerhard Richter sehe, dass dann wieder auf einer anderen Ebene etwas passiert, teilweise fallen mir dann z. B. bestimmte Sprachfetzen ein. Ich glaube, das ist gar nicht mehr trennbar. In dem Augenblick wo das sozusagen auf mich wirkt in meinem Kopf und meinem Bauch oder wo auch immer in meinem Körper so eine assoziative Ebene existiert – wahrscheinlich im Hirn – macht es was mit mir… und dann ist es auch vielleicht nicht nur ein Bild, sondern vielleicht kriege ich sogar Gänsehaut. Ich glaube, das geht eigentlich allen gleich, bin ich überzeugt, nur manchmal ist es nicht so klar, kann man es nicht so klar deuten. Deswegen ist es für mich erst einmal kein Widerspruch. Ich habe sogar auch ein Prosatext für so eine Rekomposition in Planung. Dieser Prosatext, das ist schon eine sehr schwierige Art, weil er natürlich sehr explizit ist, ein durchgehender Text im Vergleich zu einem abgeschlossenen Gemälde. Das wird sicherlich noch eine große Herausforderung sein, aber sogar das ist dann auch möglich, wenn er mich berührt.

KD: Bei den Bildern von Gerhard Richter, wird da auch eines dabei sein aus seinem familiären Umfeld – ich denke da gerade an das Porträt seiner Tochter?

Vuletic : Nein, das Porträt seiner Tochter ist nicht dabei … der Akt, der die Treppe herunterschreitet, ist dabei…oder sagen wir so…er ist jetzt noch dabei – ich bin mir noch nicht ganz sicher – das Werk ist ja gedacht als eine Einheit, als eine abgeschlossene Gesamtkomposition über mehrere verschiedene Bilder und in diesem Moment zweifele ich, ob der Akt in diesem Kontext funktioniert, aber er ist eigentlich geplant. Ich sage jetzt mal, es sind eher die nicht ganz so bekannten Bilder von Gerhard Richter dabei, die mich jetzt berühren… und das ist ganz lustig: als ich die Bilder ausgewählt hatte – ich hatte erst einmal so zwei Dutzend im Blick und das hat sich so ein bisschen reduziert – da habe ich mich immer öfter dann entschieden für die – ich sage einmal….einen Tick unscheinbareren …unscheinbar ist jetzt das falsche Wort… die Bilder, die nicht so spektakulär sind trifft es vielleicht besser. Dann kam dann so ein Moment während der Recherche – es gibt ja diesen „Atlas“ von Gerhard Richter, worin er viele verschiedene Fotos aufbewahrt, die seinen Bildern zu Grunde liegen und da kann man z. B. sehen, welches Foto von einer Auswahl von mehreren er für ein Gemälde verwendet hat und dann war da eines dabei, das war wirklich schön und pittoresk und bereits für sich genommen als Foto ein Kunstwerk … das hat er dann nicht genommen und ich habe das Gefühl, er hat sich dann bewusst für das … ja, nicht langweiligste … sagen wir mal… das unscheinbarste dieser Vieren entschieden und hat dann seine Magie da reinrutschen lassen. Und tatsächlich passt das so ein bisschen zu meiner Auswahl seiner Bilder.

KD: Wird man bei der Aufführung der Musik dann die der Komposition zu Grunde liegenden Bilder zu sehen bekommen?

Vuletic : Nein.

KD: Der Zuhörer wird nicht wissen, um welche Gemälde es sich handelt?

Vuletic : Doch, natürlich. Es wird ein Programm geben, darin werden die einzelnen Stücke durchnummeriert und das jeweilige Bild genannt sein. In dem Werk gibt es ein Stück, wo zwei Gemälde Gerhard Richters die Grundlage für waren, das sind „Schnee“ und „Gehöft“. Die passen für mich perfekt zusammen. Ich kann mir nicht vorstellen, das eine einzeln zu sehen in einem Bildband ohne das andere – in dem Bildband, den ich habe, sind diese beiden Bilder auch genau nebeneinander vorzufinden – das wird auf jeden Fall kommuniziert. Ich denke daran, eine eher unscheinbare Möglichkeit zu schaffen, dass man sich die Bilder vor oder nach der Aufführung – natürlich nicht im Original – anschauen kann, aber während es passiert, steht erst mal nur die Musik da und ich möchte ja auch nicht den Bildern im Weg sein. Die Bilder sind ja für sich abgeschlossen – wenn ich oder der Zuschauer ins Museum geht, dann braucht er nicht noch eine Begleitmusik.

KD: So, nun mal noch eine eher allgemeinere, auf die Künste insgesamt und auf ihr Verhältnis untereinander bezogene Frage. Heute scheint es zumindest in Deutschland so zu sein, dass die verschiedenen Spielarten der Kunst eher isoliert neben einander stehen, dass also ein echter Diskurs nicht mehr oder nicht mehr in dem Maße stattfindet, wie das früher einmal der Fall war, wo sich z. B. der Maler regelmäßig in Schriftstellerrunden begeben hat, um sich dort über die Themen der Zeit auszutauschen. Wie sehen Sie das?

Vuletic : Also ich wünsche mir auf jeden Fall mehr… mehr Austausch, Streit, Diskussion zwischen den Künstlern aus den unterschiedlichsten Sparten. Aus meiner Perspektive sehe ich das so: diese Institutionalisierung, die stattgefunden hat, hat in deren Folge wiederum zu einer gewissen Spezialisierung auf das jeweilige Fachgebiet geführt…wenn z. B. jemand Jazz studiert, dann studiert er am Konservatorium so ein bisschen wie in einer Luftblase sag ich jetzt mal und parallel versucht er seine Fähigkeiten im Jazz-Bereich auszuleben. Es findet aber aus meiner Erfahrung heraus sehr wenig Austausch statt, sei es mit einem Schauspieler oder einem Tänzer, teilweise noch nicht einmal zwischen den Musikern verschiedener Stilrichtungen.

KD: Woran liegt das? Ist Kunst heute zu unpolitisch? Geht es den Künstlern heute zu sehr um sich selbst?

Vuletic : Ich glaube, den Künstlern ging es schon immer erst einmal um sich selbst… also einem Picasso, dem ging’s um sich selbst … der hat gesagt „ich suche nicht, ich finde“, der stolperte quasi über seine Werke … also ein Künstler ist per se in gewisser Form egomanisch, weil er, bevor er irgendwas gemacht hat, bereits an sich glaubt – das muss auch so sein und das ist jetzt auch nicht negativ gemeint.

KD: Aber, das trifft auch nicht auf jeden Künstler zu. Es gibt da schon Künstler, die selbstkritischer sind als vielleicht jetzt das “Paradebeispiel“ Picasso.

Vuletic : Ja, vielleicht nicht auf alle, aber ein gewisser Überglaube an sich selber ist auch einfach notwendig – das ist ja eine unglaubliche Arbeit, das ist ja ein künstlerischer Entwicklungsprozess, ein langer, langer Weg, der nie aufhört und da braucht ein Künstler schon einen großen Glauben an sich selbst . Ich denke, dass das nie anders sein wird und nie anders war. Aber ich glaube, was allen wirklich gut tun würde, ist, wenn man sich tatsächlich mal inspirieren ließe, in Gesprächen, in anderen Institutionen, in einem Museum, wenn man Musiker oder Theaterschaffender ist … weil es ja fast albern ist, in der Kunst Grenzen zu ziehen, weil, wenn jemand Theater macht, dann muss er sich auch das ganze Bühnenbild überlegen, die ganze Wirkung, auch die Porträts, wenn jemand ausgestellt ist, wenn jemand gerade etwas spricht, das ist ja wie ein Porträt – und umgekehrt als bildender Künstler, z. B. wenn ich mir ihre Bilder hier anschaue – Sie bringen Bewegung als Element in ihre Bilder rein – dann spielt da wiederum die Darstellung, die Performance eine Rolle in einem Bild, wenn man es neben den 2 oder 3 Dimensionen auch noch schafft, die Zeitskala mit einzubeziehen. Es ist also eigentlich absurd in der Kunst Grenzen zu ziehen.

KD: Und genau das wollen Sie ja auch eigentlich mit ihren Festival befördern – den Austausch und den Dialog der Künste untereinander.

Vuletic : Ja richtig, das trifft es genau auf den Punkt.

KD: Das war ein schönes Schlusswort für unser Gespräch, vielen Dank.

Vuletic : Sehr gerne.

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Ende des zweiten und letzten Teils des Interviews mit Bojan Vuletic.

Wir von KunstDuesseldorf sind nun sehr gespannt darauf, zu sehen und zu hören, wie dies dann bei dem bald beginnenden Festival konkret seine Umsetzung finden wird. Wir wünschen dem aspalt-Festival jedenfalls viel Erfolg bei dieser Premiere.

Sven Blatt, Redaktion KunstDuesseldorf

Weiterführende Links:
Paul Celan (Wikipedia)

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Interview mit den Machern des „asphalt“ Sommerfestivals Düsseldorf

KunstDuesseldorf traf „asphalt“ –

das INTERVIEW mit den MACHERN (Teil 1)

Zur Premiere des „asphalt“-Sommerfestivals Düsseldorf 2012



Bojan Vuletic, Foto: Emanuela Danielewicz

KunstDuesseldorf.de hatte anlässlich des “asphalt“-Sommerfestivals, welches erstmals im Juli in Düsseldorf stattfindenden, den Komponisten Bojan Vuletic – einer der beiden Festivalleiter und selbst mit einem Programmpunkt am Festival Beteiligten – zu Gast. Er war so freundlich, uns und unseren Lesern ein Interview zu diesem neuen Highlight in der Düsseldorfer Kulturszene zu geben.

 

 

KunstDuesseldorf (KD): Herr Vuletic – zunächst einmal vielen Dank, dass Sie sich die Zeit nehmen, uns ein paar Fragen zu “asphalt“ zu beantworten, wir sind uns sicher, das wird bei unseren Lesern auf großes Interesse treffen. Wie ist es zur Idee zu diesem Festival gekommen?

Vuletic: Die Grundidee geht zurück auf den Regisseur und Schauspieler Christof Seeger-Zurmühlen, der bereits seit 8 Jahren an verschiedenen Bühnen Düsseldorfs und mit seiner eigenen Theatercompany per.Vers tätig ist. Er war bereits auf vielen anderen Festivals überwiegend in Frankreich und fand es schön, wenn in Düsseldorf im Sommer insbesondere im Bereich Theater in verschiedenen Räumen der Stadt etwas passiert und nicht nur in den Theaterhäusern selbst, um so den Raum der Stadt quasi neu zu deuten. Besucher sollen die Stadt dabei mit neuen Augen sehen lernen, die Perspektive, in der sie ihre Stadt erleben, soll sich ändern. Bei mir ist es ähnlich: ich liebe die Intensität eines guten Festivals. Im Kontext eines Festivals schaut man sich z. B. auch mal Sachen an, die man sich ansonsten vielleicht nicht ansehen würde. Wir haben ein tolles Publikum in Düsseldorf, aber nicht immer das passende Festival dazu. Düsseldorf hat tolle Festivals, ganz klar, aber diese sind meist ausgerichtet auf ein bestimmtes Genre, eine Sparte oder sogar auf eine bestimmte Epoche – nimmt man z. B. das Schumannfest. Unsere Intension ist nun mit diesem Festival ein dichtes Programm über Genre-Grenzen hinweg anzubieten und dadurch Intensität zu schaffen.

KD: Welchen Bezug haben die dargebotenen Programmpunkte konkret zur Stadt Düsseldorf? Oder sind die Stücke auf jede andere Großstadt beliebig übertragbar?

Vuletic: Das Festival ist schon ganz klar auf Düsseldorf, auf den Raum als solchen zugeschnitten. Das kann man daran erkennen, dass die Räume, die wir ausgewählt haben, an den einzelnen Darbietungen entscheidend beteiligt sind. So spielen bei „Einzelzimmer“ und der „Tour der sanften Tristesse“ die ausgewählten Räume eine entscheidende Rolle. Die „Tour der sanften Tristesse“ ist eine „Stadtführung der anderen Art“ und bezieht sich als solche natürlich ganz konkret auf die Stadt Düsseldorf. Wir gehen also in den Raum der Stadt, an Orte, die erst einmal gar nicht im Blickfeld stehen, an die man nicht denkt, wenn man in Düsseldorf etwas entdecken möchte. Wir wollen durch bestimmte Ideen oder künstlerisch-absurde Aspekte die Realität etwas verrücken. Bei dem Theaterstück “Einzelzimmer“, der Inszenierung von Christof Seeger-Zurmühlen für das Festival ist es so gewesen, dass, als er den Raum im HPZ – dem Hauptveranstaltungsort unseres Festivals – erstmals gesehen hatte, er gleich dachte: dieser Raum passt perfekt zu meiner in den Vorjahren entstandenen Grundidee von verschiedenen Monologen in verschiedenen Räumen. Es wäre erst einmal gar nicht denkbar, das Stück an einen anderen Ort zu transportieren, da es sich quasi auch an Ort und Stelle entwickelt. Etwas indirekter ist es bei meinen beiden Kompositionen, die Musiker sind z. B. aus New York und nicht aus Düsseldorf. Hier spielen die Räume eine akustische Rolle. Die Uraufführung der beiden Kompositionen – zum einen ist das die „Atemwende“ und zum anderen die „Unschärfe“ – wird im HPZ mit seiner außergewöhnlichen Akustik stattfinden, was eine Herausforderung für die Musiker sein wird. Ein weiterer Aufführungsort wird die Berger Kirche sein, also ein ganz anderer Raum als eine alte Brotfabrik, sowohl akustisch als auch natürlich vom Raum selbst her. So bekommen diese Musikaufführungen über die verschiedenen Räume, in denen sie aufgeführt werden, auch einen Bezug zu Düsseldorf.

KD: Wo sieht sich das Festival im großen Veranstaltungskalender Düsseldorfs? Wo seht ihr euch in Bezug auf bereits etablierte Events, wo möchtet ihr euch vom Bestehenden abgrenzen?

Vuletic: Ganz klar ist, wir wollen uns nicht abgrenzen, darum geht es uns nicht. Wir haben bei unserer Vision dieses Festivals und während der Entstehungsphase erst einmal gar nicht gefragt “wo kriegen wir unser Publikum her“?, “wie voll wird es sein?“ – diese ganzen Marketingaspekte waren für uns eher zweitrangig. Für die Umsetzbarkeit sicherlich wichtige Fragen, aber weniger für unsere Planung. uns geht es nicht um den kommerziellen Erfolg – als Träger des Festivals dient ein gemeinnütziger Verein, der „asphalt Festival e. V.“. Uns geht es erst einmal darum, viele einzelne Plattformen in Düsseldorf zu bieten, wo innerhalb eines komprimierten Zeitrahmens von 6 Tagen eine unglaubliche Intensität erzeugt wird, in dem man Künstlern, die eine starke Vision haben und diese möglichst kompromisslos umsetzen, eine Plattform bietet, wo sie diese Visionen realisieren können und wo sich im Kontext eines Festivals dann auch völlig verschiedenartige Veranstaltungen gegenüber stehen – dass z. B. eine avantgardistische Performance direkt neben einem Jazzkonzert stattfindet. Wir wollen Intensität und klare, unverfälschte künstlerische Visionen – ja, Kultur machen! Das ist eigentlich der zentrale Gedanke.

KD: Welches Publikum soll von eurem Festival angesprochen werden?

Vuletic: Also, was wahrscheinlich jeder Festivalleiter sagt, aber wir meinen es auch so, ist: wir wünschen uns eigentlich alle! Ab dem nächsten Jahr werden wir auch Kinderstücke haben. Wir wollen versuchen, Offenheit zu demonstrierten, nicht auf den etablierten Bühnen spielen, sondern wir wollen in die Stadt hineingehen, dass etwas im Stadtbild passiert – wir wollen zum Publikum hingehen. Wir hoffen, dass durch die Buntheit des Programms – es wird Performance, Monologe, Jazzkonzert, Kunst gegen Bares , die „Tour der sanften Tristesse“ etc. geben – der Besucher, der vielleicht nur gekommen ist, um sich z. B. die Balkan-Ska-Reggae-Punk-Band „Trovaci Live“ anzuschauen, dass dieser wahrnimmt, Mensch da gibt ja noch einige andere coole Sachen, die mich interessieren, da geh ich auch noch hin. Wenn wir es schaffen, dass sich Leute Sachen anschauen, die sie sich sonst nie im Leben anschauen würden, weil sie an bestimmten Ort stattfinden, wie z. B. Tonhalle oder Schauspielhaus und wo sie sich vielleicht manchmal nicht so eingeladen fühlen, dann haben wir eine für uns wichtige Intension erreicht. Ein anderer Aspekt ist auch: der Hauptaustragungsort unseres Festival, das HPZ – das Gebäude der Hans-Peter-Zimmer-Stiftung in der ehemaligen Backfabrik CON-SUM – soll kein Ort sein soll, wo man nur konsumiert. Es soll vielmehr auch Gelegenheit bieten, sich vor oder nach den Veranstaltungen auszutauschen, zu diskutieren, zu streiten. Einen idealen Ort hierzu wird es im zweiten Hinterhof mit dem „Asphaltparadies“ geben – ein wunderschön gestaltetes Kaffee mit guten kulinarischen Sachen, wofür der Betreiber, das Restaurant Spoerl, bekannt ist und wofür es steht.

KD: Ihr habt “asphalt“ quasi über Nacht aus dem Boden gestampft. Mit welchen Problemen hattet ihr zu kämpfen?

Vuletic (lacht): ja, das ist ein großer Spaß – wir haben im Dezember angefangen und haben dann natürlich neben den rein künstlerischen Fragen, die es zu klären galt, erst mal schon geschluckt, als es darum ging, endgültig zu entscheiden, das Festival trotz dieser kurzen Vorlaufzeit auf die Beine zu stellen, weil wir z. B. zu diesem Zeitpunkt noch fast keine Gelder akquiriert hatten. Es war schon eine mutige Angelegenheit, weil man dann dafür nachher auch gerade stehen muss – man kann so ein Festival nicht einfach einen Monat vorher absagen. Das größte Problem war also erst mal schon der Zweifel – „hui, da lehnen wir uns sehr weit aus dem Fenster, können wir das schaffen?“ – In diesem Moment kam dann ein wirklich „schöner Wind auf“ an Leuten, die uns ihre Unterstützung angeboten haben, wie z. B. der Münchner Webdesigner Max Herrmann, der unseren Internetauftritt gestaltet hat oder die Agentur „Worte und Wunder“, die für unsere Pressearbeit sorgt und viele andere mehr. Auf Seiten der Produktion gab es natürlich auch immer wieder kleinere Stolpersteine, da wir ja auch jeden Weg das erste Mal gehen – niemand hat von uns zuvor ein Festival organisiert – da gab es so Themen wie „wie gründe ich einen Verein?“, „welche Sachen sind umsatzsteuerbefreit, welche nicht?“ etc. Also diese formellen Sachen waren doch oft relativ kompliziert – dann so Sachen wie Sponsorensuche, Stiftungen kontaktieren etc. Es gab aber natürlich auch ganz praktische Sachen wie „wie bekomme ich einen Flügel in den Hof?“, „wie bekomme die vielen zusätzlichen Stühle, die ich brauche, hier her?“ Es war und ist sicherlich sehr viel Arbeit, aber auf der anderen Seite haben wir auch viel Hilfe erfahren und das ist schön.

KD: Wo steht ihr aktuell mit den Vorbereitungen, seid ihr im Plan?

Vuletic: Wir haben einen Masterplan, da sind wir bei allen großen Punkten „im Grünen“, das Festival ist finanziert, die Umsetzung damit gesichert, auch wenn wir aktuell vielleicht noch nicht ganz die finanziellen Mittel erreicht haben, die wir als Zielgröße anstreben. Natürlich stehen alle Spielort, die Festivalbeiträge, die Künstler usw., das ist alles schon klar. Es gibt zwar noch Vieles im Detail, aber wir haben jetzt keine Bedenken, dass das Festival nicht stattfinden wird. Wir haben auch bereits den Vorverkauf gestartet – wer also Interesse hat, der kann sich mit seinen Ticketwünschen entweder per Mail wenden an ticket@asphalt-festival.de oder er kann die Tickets über unsere Homepage bestellen. Es ist auch durchaus empfehlenswert, sich die Tickets im Vorverkauf zu besorgen, da die Plätze meist relativ begrenzt sind – z. B. findet die „Tour der sanften Tristesse“ in einem Rheinbahnbus statt, der auf 30 Plätze begrenzt ist. Die Tour findet 3 Mal statt.

KD: Gibt es etwas, wo ihr sagt, da habt ihr jetzt beim ersten Mal, wo ihr das macht, Lehren gezogen, das machen wir das nächste Mal anders bzw. besser?

Vuletic: Ja, ganz klar. Was uns dieses Jahr auf jeden Fall gefehlt hat, das war die
Besetzung eines Produktionsleiters, da uns dafür dieses Jahr einfach die Mittel noch gefehlt haben. Da wollen wir für nächstes Jahr auf jeden Fall einen fähigen Menschen mit viel Festivalerfahrung engagieren, der die ganze produktionstechnische Ebene übernimmt. Das ist für uns das nächste Mal ein absolutes Muss! Darüber hinaus – wenn man so etwas das erste Mal macht, dann gibt es viele kleine Sachen, bei denen man erst Andere davon überzeugen muss, dass es klappt – da werden wir es sicherlich im kommenden Jahr einfacher haben. Wenn wir jetzt eine gute Premiere quasi als Kick-Off zeigen, werden wir es beim nächsten Mal sicherlich leichter haben z. B. an Stiftungsmittel zur Finanzierung heranzukommen – man muss dann einfach nicht mehr so viel Überzeugungsarbeit leisten als beim ersten Mal.

KD: Ihr startet dieses Jahr bei der Erstauflage dieses Festivals noch vergleichsweise überschaubar. Wie sehen denn eure Perspektiven für die Zukunft aus? Welche Vorstellungen habt ihr, wohin sich dieses Festival entwickeln soll?

Vuletic: Wir sind jetzt bereits auch schon in der Planung für 2013. Wir wollen auf jeden Fall diese Vision ausweiten, sowohl räumlich als auch programmatisch. Unser Ziel ist es so „nadelstichartig“ in noch mehr verschiedene Räume in den unterschiedlichsten Teilen der Stadt zu gehen. Programmatisch wollen wir uns noch öffnen hinsichtlich der Disziplinen. Wir möchten also nicht nur Theater und Musik haben, wir möchten gerne in jedem Fall etwas in Richtung Tanzperformance machen, Theaterstücke für Kinder sind angedacht und es gibt bereits auch einige konkrete Projektideen mit ausgewählten bildenden Künstlern.

KD: Herr Vuletic – zunächst einmal vielen Dank für dieses Interview, mit dem Sie uns und unseren Leser einen offenen und interessanten Einblick in das Entstehen dieses neuen und spannenden Festivals gegeben haben. Wir sind uns sicher, “asphalt“ wird ein toller Erfolg, weil es genau zur richtigen Zeit den richtigen Nerv trifft. Unsere Leser möchten wir dazu animieren, sich bei uns rege über dieses Sommer-Highlight auszutauschen. Wir werden hierzu eine Tweed-Line auf unserem Portal einrichten: die auf Twitter unter dem Hashtag #asphaltfestival geposteten Tweeds werden dann links auf der Startseite von www.kunstduesseldorf.de zu verfolgen sein. Also – postet uns eure Live-Eindrücke vom Festival und ihr seid damit bei uns auf Seite 1!

Vuletic: Wir danken auch – wir denken, dass ihre Plattform “KunstDuesseldorf“ als Medium schön zu diesem Festival passt, da man hier miteinander ganz gut in die Diskussion und den Austausch zu „asphalt“ treten kann.

– ENDE TEIL 1 des Interviews –
Im TEIL 2, der in Kürze folgen wird, geht es dann speziell um den Festivalbeitrag von Bojan Vuletic, seine Kompositionen „Atemwende“ und „Unschärfe“.

Das Interview für KunstDuesseldorf führte Sven Blatt.

Weitere Infos zu den Festivalorten und dem Programm gibt es unter www.asphalt-festival.de.

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asphalt Sommerfestival Düsseldorf: PROGRAMM

Das Programm.

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Einzelzimmer

Erstaufführung des Stückes Einzelzimmer des Theaterkollektivs per.Vers. Der Zuschauer wird Zeuge von erstaunlichen Versuchen der Kontaktaufnahme. Dieser Beobachtung geht allerdings eine wegweisende Entscheidung jedes Besuchers voraus.
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Freitag 6.7. # 20:00 h # HPZ Hinterhaus

Sonntag 8.7. # 20:00 h # HPZ Hinterhaus

Mittwoch 11.7. # 20:00 h # HPZ Hinterhaus

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Clubnacht

Elektro-Beats und Special-Funk am ersten Festivalabend! Der Disc-Jockey Jan Schulte (Salon des Amateurs, Single-Club) legt auf.
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Freitag 6.7. # 22:00 h # HPZ Konzertsaal

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Atemwende/Unschärfe

Bojan Vuletics Kompositionen sind musikalische Re-Kompositionen bildender und poetischer Kunstwerke – in diesem Fall von Paul Celan und Gerhard Richter. Aufgeführt werden sie von einem New Yorker Ensemble bestehend aus Nate Wooley und dem MIVOS String Quartet.
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Samstag 7.7. # 20:00 h # HPZ Hinterhaus

Sonntag 8.7. # 19:30 h # Bergerkirche

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Die wilden Schwäne

Die Gruppe Candlelight Dynamite präsentiert das Andersen-Märchen in einer freien Live-Hörspielbearbeitung von Thomas Brasch: liebevoll und verdreht, augenzwinkernd und verrückt.
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Samstag 7.7. # 22:00 h # HPZ Hinterhaus

Sonntag 8.7. # 17:00 h # HPZ Hinterhaus

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Tour der sanften Tristesse

Wer weiß schon, welche Geschichten sich hinter dem Dasein einer Bordsteinkante, eines Gartenzwerges, eines nie beachteten Ahornbaumes oder dem Büdchen mit mystischer Grundflächenberechnung verstecken? Diese ganz besondere Tour mit dem Theaterkollektiv per.Vers. spürt einige von ihnen auf!
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Montag 9.7. # 19:00 h # Abfahrt im Hof des HPZ

Dienstag 10.7. # 19:00 h # Abfahrt im Hof des HPZ

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Kunst gegen Bares

Jetzt auch in Düsseldorf! In dieser Offene-Bühne-Show des ARTheater Köln stellen sich die Künstler beherzt der unmittelbaren Wertschätzung des Publikums! Ganze sieben Regeln stecken den Handlungsspielraum kantig ab.
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Dienstag 10.7. # 20:30 h # HPZ Konzertsaal

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Pounding Nails in the Floor with my Forehead

Die Produktion des ARTheater Köln zeigt in einem Stück von Eric Bogosian unbequeme Charaktere. Deren konsumgesellschaftlich geprägte persönliche Befindlichkeiten werden in einer Inszenierung von Kathrin Sievers präsentiert.
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Montag 9.7. # 21:00 h # HPZ Hinterhaus

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Trovaci

Tanzen, Tanzen, Tanzen! Balkan-Ska-Reggae-Punk vom Feinsten.
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Samstag 7.7. # 22:30 h # HPZ Konzertsaal

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Gahler Witzel Trio

Der Pianist Sebastian Gahler trifft mit seinen lyrischen Klangfarbenkunstwerken auf den herausragenden Saxophonisten Reiner Witzel.
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Mittwoch 11.7. # 21:30 h # HPZ asphaltPARADIES