Die Kunstakademie Düsseldorf trauert um Otto Piene
Otto Piene, Mitbegründer der ZERO-Bewegung Ende der fünfziger Jahre in Düsseldorf, verstarb am 17. Juni 2014 in Berlin, wo er sich zur Eröffnung seiner Retrospektivausstellung in der Neuen Nationalgalerie aufhielt. 1928 in Laasphe bei Siegen geboren, studierte Piene zunächst in München und von 1950 bis 1953 an der Kunstakademie Düsseldorf, wo er bereits Heinz Mack begegnete, mit dem er 1957 mit der ersten Abendausstellung im Atelier Gladbacher Strasse 69 die ZERO-Bewegung ins Leben rief, die angesichts der inflationären abstrakten Malerei der Nachkriegszeit vom Nullpunkt der Kunst, Licht, Luft, Bewegung und den Elementen, ausging. Etwas später stieß Günther Uecker zu den Gründungsmitgliedern. ZERO baute enge Verbindungen nach Mailand, Paris und Amsterdam auf und kann als die erste künstlerische Äußerung angesehen werden, die die westdeutsche Nachkriegskunst wieder an die Spitze der internationalen Aktualität führte. Der Teilnehmer der documenta 2 (1959) und 3 (1964) sowie 6 (1977) entwickelte eine entmaterialisierte Kunst, in der Feuer, Rauch und der Himmel die wesentliche Rolle spielen. Besondere Bedeutung hat Otto Piene auch durch seine langjährige Arbeit am Center for Advanced Visual Studies des MIT (Massachusets Institute of Technology) (1968-1994), das er zu einer Pionierstätte von Kunst und wissenschaftlicher Grundlagenforschung, kollektiver Teamarbeit und verschiedenster Formen der Umweltkunst ausbaute. Seit einigen Jahren erfuhr sein Werk im Zuge des technologischen Wandels unserer Zeit eine weltweite Wiederentdeckung. Die Kunstakademie Düsseldorf spricht seiner Frau, Elisabeth Goldring-Piene, und der übrigen Familie ihr tiefes Beileid aus und trauert um einen ihrer bedeutendsten ehemaligen Studenten, der den Ruf des Hauses in die ganze Welt trug.
Neue Nationalgalerie und Deutsche Bank KunstHalle ehren den ZEROKünstler Otto Piene mit der groß angelegten Ausstellungskooperation „Otto Piene. More Sky“, in deren Rahmen am 19. Juli 2014 ein spektakuläres Sky-Art-Event im Außenbereich der Neuen Nationalgalerie stattfinden wird.
In der Neuen Nationalgalerie wird die Dia-Performance „The Proliferation of the Sun“ (Die Sonne kommt näher) jeweils in den Abendstunden von 22 bis 3 Uhr zu erleben sein. Von Otto Piene ursprünglich 1967 für eine kleine Off-Bühne in New York konzipiert und im selben Jahr in Nürnberg, Köln und Dortmund aufgeführt, werden farbig schillernde Formen auf über 1000 handbemalten Glasdias in den offenen Ausstellungsraum projiziert und ergeben, so Piene, eine „poetische Raumfahrt“. Die Rekonstruktion dieses spektralen Farberlebnisses als beeindruckende Multimedia-Installation wird in der oberen Halle der Neuen Nationalgalerie besondere Wirkungskraft entfalten und die strenge Architektur des Mies-van-der-Rohe-Baues vor seiner renovierungsbedingten Schließung Ende 2014 mit Otto Pienes Idealismus und seinen utopischen Visionen konfrontieren.
Die Deutsche Bank KunstHalle widmet sich der enormen Bandbreite und experimentellen Haltung im Frühwerk Otto Pienes. Frühe Lichtdrucke und -grafiken, eindrucksvolle Rauch- und Feuerbilder sowie Lichtskulpturen, die zum Teil aus der Sammlung Deutsche Bank stammen, verweisen auf seinen experimentellen Umgang mit den Elementen Luft, Feuer und Licht sowie auf die von ihm immer weiter vorangetriebene Entgrenzung der Künste. Abschluss der Ausstellung bildet ein großer, eigens für die Ausstellung entworfener Lichtraum.
Zum Auftakt der Ausstellungskooperation findet am Abend des 19. Juli 2014 ein spektakuläres Sky-Art-Event im Außenbereich der Neuen Nationalgalerie mit Unterstützung der Deutschen Bank AG statt. Mit drei bis zu 90 Meter hohen, illuminierten Luftskulpturen in Sternenform – darunter der „Berlin Superstar“, den Otto Piene erstmals 1984 an der Technischen Universität zeigte – wird der Künstler auf eindrückliche Weise den Berliner Nachthimmel bespielen.
Otto Piene, 1928 in Laasphe geboren, zählt zu den künstlerischen Protagonisten der Avantgarde des 20. Jahrhunderts und wirkte als Mitbegründer der internationalen ZERO-Bewegung in den 1960er Jahren maßgeblich am programmatischen Neubeginn in der Kunst unter Bezugnahme elementarer Naturkräfte mit. Seine Raster-, Rauch- und Feuerbilder, seine Lichträume und -ballette stehen für eine fast romantische Sehnsucht nach der Verbindung von Natur, Wissenschaft und Technik mit der Kunst.
Richtungsweisend wurden Otto Pienes zahlreiche interdisziplinäre Großprojekte im öffentlichen Raum, etwa ab Ende der 1960er Jahre im Kontext des Center for Advanced Visual Studies am MIT in Boston, das er seit 1974 als Direktor leitete, oder sein monumentaler Regenbogen für die Abschlussfeier der Olympischen Spiele 1972 in München. Pienes intensive Zusammenarbeit mit Technikern und Naturwissenschaftlern eröffnete der Kunst weitere entscheidende Perspektiven, die bis in zeitgenössische Positionen etwa bei Olafur Eliasson, Carsten Höller oder Tomás Saraceno ihr Echo finden.
Ein Re-Print der zentralen Piene-Publikation „More Sky“ aus dem Jahr 1973 erscheint zur Ausstellung im Verlag Walter König, Köln.