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„Ruhe-Störung“: Doppelausstellung Marta Herford & Kunstmuseum Ahlen (ab 28.9.)

Ruhe-Störung

Streifzüge durch die Welten der Collage
Ausstellungszeitraum 28.9. 2013 – 26.1.2014

Eine Ausstellung zeitgleich im Marta Herford und im Kunstmuseum Ahlen

In einer umfangreichen Präsentation mit über 400 We rken in gleich zwei Ausstellungs- häusern realisiert „ Ruhe-Störung“ einen anregenden Streifzug durch den Kosmos zer- schnittener Oberflächen, suggestiver Zeit-Räume und digitaler Bild-Splitter.

Collagen sind so etwas wie die Wunderkinder in der Kunst. Ob dadaistische Gesellschaftskritik, funktionale Bauhaus-Utopien oder rätselhafte Traumw elten – ohne die Entdeckung der Collage wäre die Kunst des 20. Jahrhunderts sehr viel wenig er inspiriert und die heutige Kunstwelt um wesentliche Dimensionen ärmer. Fragmentarisch und v erführerisch, poetisch und hellwach funktionieren sie immer auch als Inspirationsquelle für Ideen, die aktuell in der Luft liegen. Mit innerer Unruhe und assoziativer Spannung bringe n sie Energien ihrer Gegenwart zur Anschauung. Gerade in der zeitgenössischen Kunst bi lden Collagen so etwas wie eine soziale Netzhaut unserer Zeit, ein Treibhaus der Bilder, in dem plötzlich Vieles unwirklich und küns- tlich fremd erscheint.

Beni Bischof Krasse Collage , 2013 Collage auf Papier 40,5 x 27,5 cm Courtesy Galerie Rupert Pfab, Düsseldorf
Beni Bischof
Krasse Collage , 2013
Collage auf Papier
40,5 x 27,5 cm
Courtesy Galerie Rupert Pfab, Düsseldorf

In sechs verschiedenen, miteinander verbundenen Bez ugsfeldern werden sehr unterschiedliche visuelle Tonlagen, mehrdeutige Wandlungen und offen e Bildkonstrukte sichtbar: Widerstand und Zerstörung, Unruhe und Aufbrüche, Fluchten und Träume, Erneuerung und Recycling, Vielstimmigkeit und Kakophonie, Raumaneignung und W eltenbau. Gemeinsam mit dem Kunstmuseum Ahlen entwickelt, wird „Ruhe-Störung“ z eitgleich an beiden Orten mit jeweils unterschiedlichen Akzenten präsentiert. Während im Marta Herford vor allem Collagen und collagierte Räume der unmittelbaren Gegenwart mit W erken der klassischen Moderne korres- pondieren, treten in Ahlen bedeutende Werke des 20. Jahrhunderts mit ausgewählten Collagen jüngerer Künstler in einen offenen Dialog.

Eli Cortiñas No Place Like Home, 2006 2-Kanal-Monitorinstallation, 2:16 min, Loop, Videostill Courtesy Soy Capitán, Berlin Foto: Achim Kukulies
Eli Cortiñas
No Place Like Home, 2006
2-Kanal-Monitorinstallation, 2:16 min, Loop, Videostill
Courtesy Soy Capitán, Berlin
Foto: Achim Kukulies

Künstlerliste (Auswahl): Arman, Jean Arp, Enrico Ba j, Joseph Beuys, Victor Brauner, Michael Buthe, Tony Cragg, Raphael Danke, Jean Dubuffet, Is a Genzken, Louis Goodman, Juan Gris, George Grosz, Raymond Hains, Richard Hamilton, Dami en Hirst, Vlatka Horvat, Allan Kaprow, Lajos Kassák, Martin Kippenberger, Imi Knoebel, Jan nis Kounellis, KRIWET, Gordon Matta-Clark, Paul McCarthy, François Morellet, Sigmar Polke, Man Ray, Mimmo Rotella, Dieter Roth, Kurt Schwitters, Daniel Spoerri, Grete Stern, Gert & Uwe Tobias, Tatiana Trouvé, Erik van Lieshout, Jacques Villeglé, Wolf Vostell, Franz West.

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KUNSTPUNKTE Düsseldorf 2013 – aus flächendeckendem (Punkte-)Firmament wird Flickenteppich, mediales Desinteresse

KUNSTPUNKTE Düsseldorf – kein Selbstläufer mehr?

Schaut man sich der Tage die (Online-)Medienresonanz zu den KUNSTPUNKTE Düsseldorf 2013 nach der ersten Hälfte der Veranstaltung an (der Düsseldorfer Süden machte letztes Wochenende den Anfang), fällt das Ergebnis sehr ernüchternd aus: kein einziges Online-Medium (auch keine Online-Zeitungsausgaben wie www.rp-online.de ) bringt eine Nachberichtserstattung nach dem Motto “Wie war das erste KUNSTPUNKTE-Wochenende“. Was man findet sind lediglich vorab veröffentlichte Veranstaltungshinweise aber keine Vorort-“Erfahrungsberichte“. Aus der reinen Online-Recherche könnte man also durchaus den Schluss ziehen, dass die KUNSTPUNKTE (zumindest für 2013) bislang von den Online-Medien ignoriert worden sind.

Betreibt man nun Ursachenforschung kann man nur Vermutungen aufstellen, woran eine stärkere Medienpräsenz der KUNSTPUNKTE (dieses Mal?) gescheitert ist. Zum einen mag dies sicherlich daran liegen, dass diese vom Kulturamt der Landeshauptstadt Düsseldorf dankenswerter ins Leben gerufene Veranstaltung mit nun 17 Lenzen doch so langsam in die Jahre gekommen ist und damit ganz einfach der natürliche Schwund beim Nachrichtenwert dieses Events eingesetzt hat. Zum anderen dürfte aber auch ein absolut überfüllter Veranstaltungskalender am vergangenen Wochenende einfach dazu geführt haben, dass die Ressourcen der Medien für die KUNSTPUNKTE schlichtweg erschöpft waren.

Es fing bereits mit der VOGUE Night Düsseldorf an, die mit illustren Namen wie Wolgang Joop als Zugpferdchen an die Kö lockten (rp-online bringt danach einen Fotobericht). Dann gab es da natürlich noch den “Bürgerblockbuster“ schlechthin: das Bürgerfest der Stadt Düsseldorf zum 725 jährigen Stadtjubiläum. Klar, dass von den Medien für dieses zentrale Event eine “Full-Coverage“ angestrebt wurde – da bleibt natürlich weder der Platz noch das Personal, um hier noch eine in die Jahre gekommene Kunstveranstaltung abzudecken. Selbst wer an diesem Wochenende nach einer alternativen Kunstveranstaltung suchte, der konnte bedient werden: von Freitag (6. Sept) bis Sonntag (8. Sept) fand die dc open 2013, die “Offenen Galerien Düsseldorf Köln“ statt. Bei dieser Fülle an Veranstaltungen müssen Redaktionen dann natürlich Prioritäten setzen. Überraschend ist nur, dass es den planerischen Gremien der Stadt bzw. den Veranstaltern untereinander nicht gelungen war, sich terminlich besser zu koordinieren (oder wollte man das am Ende sogar bewusst nicht).

Für die KUNSTPUNKTE selbst schlage ich dem Kulturamt vor, dass man sich mal mit Repräsentanten aus der teilnehmenden Künstlerschaft zusammen setzt, um das Konzept der KUNSTPUNKTE zu überarbeiten, z. B. wie man einer immer stärkeren Tendenz der Fokussierung auf die großen Atelierhäuser der Stadt entgegenwirken könnte. Aus dem ursprünglich flächendeckenden Konzept gleichberechtigter Ateliers ist längst eine Ghetto-Veranstaltung mit einigen Hotspots oder Kunstmeilen geworden, bei dem für ein Atelier alleinig angemeldete Künstler in die Bedeutungslosigkeit abgedrängt werden. Aus einem einstmals flächendeckenden (Punkte-)Firmament ist längst ein Flickenteppich geworden (von den herausgenommenen Randbezirken einmal ganz zu schweigen). Das noch relativ junge Konzept, dass die sog. OFF-Räume bereits freitags zu sich einladen, verstärkt leider diesen Effekt noch zusätzlich. Wie wäre es z. B. mit einer Kooperation mit der Rheinbahn in der Frage der Besucherlogistik statt des Einsatzes des Bus-Shuttles, der nur Ateliers von Kulturamts Gnaden anfährt? Wie wäre es mit einer Smartphone-App, die die Besucher von Kunstpunkt zu Kunstpunkt navigiert? Der wichtigste Punkt aus meiner Sicht wäre allerdings eine bessere Terminkoordination der Veranstalter untereinander.

Die Ateliers selbst sollten sich auch mal überlegen, wie sie die Besucherfrequenzen zwischen ihren Standorten verbessern könnten – da muss man dann halt auch mal wieder etwas mehr “Wir-Denken“ zwischen den Ateliers her.

Für den Düsseldorfer Norden bleibt nun für das kommende Wochenende zu hoffen, dass es ihnen besser ergeht und sie bei den Medien dankbar als Füller für ein “Saure-Gurken-Wochenende“ dienen können.


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19.9.: LUCIEN CLERGUE – Signierstunde bei Beck & Eggeling, Düsseldorf

LUCIEN CLERGUE in Düsseldorf

Signierstunde mit dem Fotografen, Filmemacher und Freund von Pablo Picasso

Lucien Clergue, Nu de la mer, 1956, Silbergelatineabzug auf Barytpapier, Vintage Print, 24 x 30,1 cm
Lucien Clergue, Nu de la mer, 1956, Silbergelatineabzug auf Barytpapier, Vintage Print, 24 x 30,1 cm

Beck & Eggeling freuen sich sehr, Lucien Clergue für eine Signierstunde in ihrer Galerie an der Bilker Strasse 5 gewonnen zu haben. Im Rahmen der Ausstellung Lucien Clergue. Nudes.Vintage Prints aus den 1950er Jahren bis heute wird der berühmte Fotograf, Autor undFilmemacher Poster seiner Werke signieren.

Die Veranstaltung findet am

Donnerstag, den 19. September, ab 18 Uhr,

statt.

Während Clergues Aktfotografien in den 1950er Jahren in der allgemeinen Auffassung noch als pornografisch galten, erkannte Pablo Picasso bereits die künstlerische Absicht der Arbeiten und schätzte Clergue als Künstler hoch. Die beiden freundeten sich an, und Clergue durfte Picasso auch in privaten Situationen fotografieren.

Lucien Clergue, Picasso sur la plage (Cannes 1965), 1965, Silbergelatineabzug auf Barytpapier, 30 x 40 cm
Lucien Clergue, Picasso sur la plage (Cannes 1965), 1965, Silbergelatineabzug auf Barytpapier, 30 x 40 cm

Clergues internationale Bekanntheit begründet sich aber nicht nur in der Wertschätzung durch Picasso und Jean Cocteau. Als Gründer eines der wichtigsten internationalen Festivals für Fotografie, der Rencontres Internationales de la Photographie, in seiner Heimaststadt Arles hat Clergue viel dafür getan, Werke von Fotografen aus aller Welt bekannt zu machen und wird dafür sehr geschätzt: 2003 wurde Lucien Clergue Ritter der Légion d’honneur, und im Oktober 2007 als erster Fotograf Mitglied in der französischen Académie des Beaux-Arts, deren Präsident er im laufenden Jahr 2013 ist. 1979 erlangte er an der Universität Marseille die Doktorwürde in Fotografie.



BECK & EGGELING
BILKER STRASSE 5 | D 40213 DÜSSELDORF | T +49 211 49 15 890 | INFO@BECK-EGGELING.DE




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KUNSTPUNKTE Düsseldorf – kein Selbstläufer mehr?

KUNSTPUNKTE – kein Selbstläufer mehr?

Schaut man sich der Tage die (Online-)Medienresonanz zu den KUNSTPUNKTE Düsseldorf 2013 nach der ersten Hälfte der Veranstaltung an (der Düsseldorfer Süden machte letztes Wochenende den Anfang), fällt das Ergebnis sehr ernüchternd aus: kein einziges Online-Medium (auch keine Online-Zeitungsausgaben wie www.rp-online.de ) bringt eine Nachberichtserstattung nach dem Motto “Wie war das erste KUNSTPUNKTE-Wochenende“. Was man findet sind lediglich vorab veröffentlichte Veranstaltungshinweise aber keine Vorort-“Erfahrungsberichte“. Aus der reinen Online-Recherche könnte man also durchaus den Schluss ziehen, dass die KUNSTPUNKTE (zumindest für 2013) bislang von den Online-Medien ignoriert worden sind.

Betreibt man nun Ursachenforschung kann man nur Vermutungen aufstellen, woran eine stärkere Medienpräsenz der KUNSTPUNKTE (dieses Mal?) gescheitert ist. Zum einen mag dies sicherlich daran liegen, dass diese vom Kulturamt der Landeshauptstadt Düsseldorf dankenswerter ins Leben gerufene Veranstaltung mit nun 17 Lenzen doch so langsam in die Jahre gekommen ist und damit ganz einfach der natürliche Schwund beim Nachrichtenwert dieses Events eingesetzt hat. Zum anderen dürfte aber auch ein absolut überfüllter Veranstaltungskalender am vergangenen Wochenende einfach dazu geführt haben, dass die Ressourcen der Medien für die KUNSTPUNKTE schlichtweg erschöpft waren.

Es fing bereits mit der VOGUE Night Düsseldorf an, die mit illustren Namen wie Wolgang Joop als Zugpferdchen an die Kö lockten (rp-online bringt danach einen Fotobericht). Dann gab es da natürlich noch den “Bürgerblockbuster“ schlechthin: das Bürgerfest der Stadt Düsseldorf zum 725 jährigen Stadtjubiläum. Klar, dass von den Medien für dieses zentrale Event eine “Full-Coverage“ angestrebt wurde – da bleibt natürlich weder der Platz noch das Personal, um hier noch eine in die Jahre gekommene Kunstveranstaltung abzudecken. Selbst wer an diesem Wochenende nach einer alternativen Kunstveranstaltung suchte, der konnte bedient werden: von Freitag (6. Sept) bis Sonntag (8. Sept) fand die dc open 2013, die “Offenen Galerien Düsseldorf Köln“ statt. Bei dieser Fülle an Veranstaltungen müssen Redaktionen dann natürlich Prioritäten setzen. Überraschend ist nur, dass es den planerischen Gremien der Stadt bzw. den Veranstaltern untereinander nicht gelungen war, sich terminlich besser zu koordinieren (oder wollte man das am Ende sogar bewusst nicht).

Für die KUNSTPUNKTE selbst schlage ich dem Kulturamt vor, dass man sich mal mit Repräsentanten aus der teilnehmenden Künstlerschaft zusammen setzt, um das Konzept der KUNSTPUNKTE zu überarbeiten, z. B. wie man einer immer stärkeren Tendenz der Fokussierung auf die großen Atelierhäuser der Stadt entgegenwirken könnte. Aus dem ursprünglich flächendeckenden Konzept gleichberechtigter Ateliers ist längst eine Ghetto-Veranstaltung mit einigen Hotspots oder Kunstmeilen geworden, bei dem für ein Atelier alleinig angemeldete Künstler in die Bedeutungslosigkeit abgedrängt werden. Das noch relativ junge Konzept, dass die sog. OFF-Räume bereits freitags zu sich einladen, verstärkt leider diesen Effekt noch zusätzlich. Wie wäre es z. B. mit einer Kooperation mit der Rheinbahn in der Frage der Besucherlogistik statt des Einsatzes des Bus-Shuttles, der nur Ateliers von Kulturamts Gnaden anfährt? Wie wäre es mit einer Smartphone-App, die die Besucher von Kunstpunkt zu Kunstpunkt navigiert? Der wichtigste Punkt aus meiner Sicht wäre allerdings eine bessere Terminkoordination der Veranstalter untereinander.

Die Ateliers selbst sollten sich auch mal überlegen, wie sie die Besucherfrequenzen zwischen ihren Standorten verbessern könnten – da muss man dann halt auch mal wieder etwas mehr “Wir-Denken“ zwischen den Ateliers her.

Für den Düsseldorfer Norden bleibt nun für das kommende Wochenende zu hoffen, dass es ihnen besser ergeht und sie bei den Medien dankbar als Füller für ein “Saure-Gurken-Wochenende“ dienen können.


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ab 7. 9: KUNSTSAMMLUNG NRW (K20) – Ausstellung Alexander Calder „Avantgarde in Bewegung“

Der originäre Calder

Von Meike Lotz

Gestern galt im K20 Kunstsammlung NRW die Sicherheitsstufe 1, ein Polizeiaufgebot mit Spürhunden durchsuchte das Museumsfoyer am Grabbeplatz, als die zur Pressekon-
ferenz eingeladenen Journalisten sich, für erste begutachtende Blicke auf die ab Samstag zu sehenden neue Ausstellung, vor dem Museum eintrafen. Grund dafür war keine explosive Kunst, sondern der für den gestrigen Nachmittag geplanten Besuch des neuen US-Botschafters Emerson, der darum gebeten hatte, unbedingt die Calder-Ausstellung in Düsseldorf besuchen zu dürfen.

Der Besichtigungswunsch ist nicht ungewöhnlich, denn der Künstler Alexander Calder (1898-1976) ist in den USA, aber auch in anderen Ländern wie in der Schweiz vielfach rezipiert worden und hochangesehen. Er gilt mit seinen beweglichen abstrakten Metallplastiken als Erfinder der „Kinetischen Kunst“ und wird gerne auch der „le roi de fil de fer“ (König des Drahtes) genannt. In Deutschland aber mussten 20 Jahre vergehen, bis wieder eine umfangreiche Einzelausstellung des US-amerikanischen Künstlers ausgerichtet wurde: Das K20 zeigt nun den „originären“ Calder und entlarvt ihn als vielschichtiges Mitglied der künstlerischen Wegbereiter des 20. Jahrhunderts. Rund 70 Werke verdeutlichen Calders Weg zur Abstraktion und seine Verbundenheit mit der europäischen Avantgarde – zu seine besten Freunde zählten eben die Künstler Joan Miró, Hans Arp und Fernand Léger.

"Alexander Calder - Avantgarde in Bewegung" - Blick in die Ausstellungshalle im K20
„Alexander Calder – Avantgarde in Bewegung“ – Blick in die Ausstellungshalle im K20

Doch zur Abstraktion führte ihn tatsächlich Piet Mondrian: Im Oktober 1930 besucht Alexander Calder dessen Atelier in der Rue du Départ 26, Paris und war geschockt: Die Gesamtkonstruktion des Raumes war ein All-Over der Kunst, die schwarz-weiß strukturierten Wände waren mit farbigen Quadrat- und Rechteckstudien bestückt und schienen in ständiger Bewegung zu sein. Calder beschloss sein bisheriges Werk zu überdenken und schuf in den folgenden drei Wochen ausschließlich abstrakte Gemälde. Kurz darauf entwickelte er erste ungegenständliche, räumliche Drahtkonstruktionen und schon im Herbst 1931 entstanden die ersten beweglichen Skulpturen, die „Mobiles“ wie Marcel Duchamp sie nannte. Zunächst wurden diese mit einer Kurbel angetrieben, später stattete der Künstler sie mit Motoren aus, so dass die Drahtskulpturen sich frei im Raum schwebend bewegen konnten. Calder knüpfte hier an eine bereits in den ersten zwei Dekaden des 20. Jahrhunderts entstandene Faszination der Bewegung an. Die Futuristen begeistert vom Fortschritt neuer Technik und die russischen Konstruktivisten machten die Bewegung zum Thema der Kunst, wobei Letztere mehr die Rotation ins Blickfeld rückten.

Calder im Zusammenspiel mit einem Werk von Piet Mondrian (im Hintergrund)
Calder im Zusammenspiel mit einem Werk von Piet Mondrian (im Hintergrund)

Die „Mobiles“ von Calder bewegen sich aber nicht nur, sondern sie tönen auch. John Cage, Zeitgenosse, Komponist und Erfinder der „Neuen Musik“ nahm dies bei seinem Besuch in Calders Atelier sofort wahr und nahm die Skulpturen-Geräusche auf, um sie in seine Musik zu integrieren.

Die Ausstellung „Alexander Calder. Avantgarde in Bewegung“ zeigt die ersten von Calder entwickelten Mobiles und legt ihren Schwerpunkt auf die Bewegung und den Klang im Werk des US-amerikanischen Bildhauers. Auf 1600 Quadratmeter kann der Besucher von sehr kleinformatigen Mobile-Entwürfen (1939) bis hin zur monumentalen Außenskulptur aus den 60er Jahren Calders Werk sehen, erleben und vor allem hören.

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Das architektonische Highlight der Ausstellung ist zweifelsohne der begehbarer Steg, der sich diagonal durch die Klee-Halle des Museums erstreckt und dem Besucher eine neue „Draufsicht“ auf die Kunst erlaubt und ihm ungewohnte, vielfältige Perspekti-
vwechsel eröffnet.

Aufschlussreich und informativ sind auch die in der Ausstellung laufenden Experimen-
talfilme
, die Calder bei seinen Paris-Aufenthalten gesehen hat, und in denen deutlich wird, wie facettenreich sich die Künstler jener Zeit mit dem Thema der Bewegung und Rotation beschäftigt hatten.

Parallel zur Ausstellung präsentiert der Calder-Preisträger von 2007, Zilvinas Kempinas im Labor – so wird der Projektraum des Museums genannt, in dem immer wieder zeitgenössische Künstler eingeladen werden, um ihre neusten Arbeiten zu zeigen – ein ganz besonders Kunsterlebnis. Der international renommierte Künstler lädt mit seiner Arbeit „Darkroom“ den Besucher ein, sich selbst zwischen Stahlkonstruktionen zu bewegen.

Zilvinas Kempinas - "Darkroom" im "Labor"
Zilvinas Kempinas – „Darkroom“ im „Labor“

Die deckenhohen Metallstäbe sind wie bei einem Mikadospiel scheinbar wahllos ineinander verkeilt. Für den Besucher ergibt sich ein Labyrinth zum Darübersteigen, Durchkriechen und Dran-vorbei-zwängen. Kempinas fordert den Besucher regelrecht auf den neuen Wahrnehmungsprozess zu überprüfen. Ein rechteckiges Wandobjekt mit horizontal verspannten Videobänder führt zur weiteren Irritation. Durch die Bewegung der Besucher (max. 8 Besucher dürfen gleichzeitig in den Raum) und den Luftzug der Klimaanlage beginnen die unterschiedlich breiten Videobänder sich in Bewegung zu setzen und es entsteht ein wellenartiges Landschaftsbild, das zu weiteren Assoziationen anregt. Die einzige Lichtquelle im Darkroom bilden die paar wenigen Rotlicht-Röhren an der Decke, deren Spiegelung auf dem Boden, den Videobändern an der Wand und den Metallstäben im Raum bei dem Durchschreiten des Besuchers sich in wandernde, flimmernde Lichtpunkte verwandeln. Ein (Gesamt-)Bild scheint sich zu Materialisieren wie in der Dunkelkammer eines Fotografen. Eine umfassende Einzelschau des in New York lebenden litauischen Künstlers Zilvinas Kempinas zeigt aktuell das Museum Tinguely in Basel noch bis zum 22. September 2013.

Die Ausstellung „Alexander Calder – Avantgarde in Bewegung“ sowie der Darkroom von Zilivinas Kempinas sind in der Kunstsammlung am Grabbeplatz noch etwas länger zu sehen und zwar bis zum 12. Januar 2014.

Der Katalog zur Ausstellung „Alexander Calder – Avantgarde in Bewegung“ ist ausgestattet mit einer DVD, damit der Besucher die Bewegungsvielfalt der Mobiles sowie die akustische Ästhetik der Klangskulpturen auch zu Hause erleben kann. (EUR 29,00, Museumsausgabe). Der Hirmer-Verlag bietet zudem eine erweiterte Version als E-Book (EUR 9,90) an.



© Fotos: kunstduesseldorf.de



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7. + 8.9.: KUNSTPUNKTE Düsseldorf 2013 im KUNSTRAUM BRUNNEN 10

Einladung zum Event
Kunstpunkte Düsseldorf 2013 im KUNSTRAUM BRUNNEN 10

oder die Metamorphose eines Malers

kp2013

Unter dem Titel „Transition“ gewährt Sven Blatt am 1. Kunstpunkte-WE (7./8. Sep) im KUNSTRAUM BRUNNEN 10 einen Einblick in seine künstlerischen Schaffensprozesse. Das Besondere dabei wird sein: es wird keine sterile Galerieausstellung werden – vielmehr soll der schwierige Weg der Entwicklung vom Maler zum Bildhauer in einer „Reality-Installation“ schonungslos aufgezeigt werden, authentisches Werkstattfeeling also garantiert. Während andere ihre Pinsel säuberlich sortieren, bleibt es hier deftig.

Neben Sven Blatt werden noch alle weiteren KünstlerInnen des KRB_10 (Kerstin Grobler, Markus Großmann, Katrin Kölling, Georg Weishaupt, Anna Nwaada Weber) ihre Kunst präsentieren. Wer es lieber galeriemäßig mag, der wird dann in diesem Bereich, in dem überwiegend Malerei zu sehen sein wird, auf seine Kosten kommen.

Natürlich sorgen wir auch für die leiblichen Grundbedürfnisse und für gute Stimmung und freuen uns auf zahlreiche interessierte Besucher.

Der KRM_10 in Bilk ist barrierefrei erreichbar. Er liegt nur 1 Min. Fußweg von der S-Bahn Bilk bzw. den Düsseldorf Arcarden entfernt u. ist somit mit dem ÖPNV ideal zu erreichen.

KUNSTRAUM BRUNNEN 10
Brunnenstr. 10
40223 Düsseldorf (Bilk)

Öffnungszeiten:
SA, 07.09.: 14 – 20h
SO, 08.09.: 12 – 18h

Zum FACEBOOK-Event




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7 + 8.9.: KUNSTPUNKTE Düsseldorf 2013 im KUNSTRAUM BRUNNEN 10

Einladung zum Event
Kunstpunkte Düsseldorf 2013 im KUNSTRAUM BRUNNEN 10

oder die Metamorphose eines Malers

Unter dem Titel „Transition“ gewährt Sven Blatt am 1. Kunstpunkte-WE (7./8. Sep) im KUNSTRAUM BRUNNEN 10 einen Einblick in seine künstlerischen Schaffensprozesse. Das Besondere dabei wird sein: es wird keine sterile Galerieausstellung werden – vielmehr soll der schwierige Weg der Entwicklung vom Maler zum Bildhauer in einer „Reality-Installation“ schonungslos aufgezeigt werden, authentisches Werkstattfeeling also garantiert. Während andere ihre Pinsel säuberlich sortieren, bleibt es hier deftig.

Neben Sven Blatt werden noch alle weiteren KünstlerInnen des KRB_10 (Kerstin Grobler, Markus Großmann, Katrin Kölling, Georg Weishaupt, Anna Nwaada Weber) ihre Kunst präsentieren. Wer es lieber galeriemäßig mag, der wird dann in diesem Bereich, in dem überwiegend Malerei zu sehen sein wird, auf seine Kosten kommen.

Natürlich sorgen wir auch für die leiblichen Grundbedürfnisse und für gute Stimmung und freuen uns auf zahlreiche interessierte Besucher.

Der KRM_10 in Bilk ist barrierefrei erreichbar. Er liegt nur 1 Min. Fußweg von der S-Bahn Bilk bzw. den Düsseldorf Arcarden entfernt u. ist somit mit dem ÖPNV ideal zu erreichen.

KUNSTRAUM BRUNNEN 10
Brunnenstr. 10
40223 Düsseldorf (Bilk)

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SO, 08.09.: 12 – 18h

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ExtraSchicht 2013 – am 6. JULI wird das Ruhrgebiet wieder zur riesigen Bühne für KUNST & KULTUR!

ExtraSchicht 2013 im gesamten Ruhrgebiet – 50 Spielorte, 25 Städte, 450 Events

RTG WAZ FotoPool / Ulrich von Born
RTG WAZ FotoPool / Ulrich von Born

Wenn 50 Spielorte in 25 Städten zusammen im Zeichen ganz großer Unterhaltung antreten, wenn 190 Shuttlebusse rund 37.000 Buskilometer in einer Nacht zurücklegen, wenn ehemalige Industrieanlagen, neue Kreativstandorte, zukünftige Abwasserkanäle und Straßenbahnen zu Bühnen werden, wenn Streetart- Gruppen, Symphoniker und Improvisationstheater auf dem Programm stehen, wenn zu Aquaphonie, Kopfhörer-Party, Feuershows und Klaviermarathon eingeladen wird, und wenn Besucher Christo, Künstler-Kollektive und regionale Kulturinstitutionen mit nur einem Ticket erleben können, dann bedeutet das: Es ist ExtraSchicht! „Die Vielseitigkeit der Region wird in dieser Nacht verdichtet und gebündelt, die ganze Region und viele Touristen aus dem In- und Ausland sind von 18 bis 2 Uhr morgens auf den Beinen, um sich begeistern zu lassen von diesem außergewöhnlichen (Industrie)Kulturfest“, so Axel Biermann, Geschäftsführer der Ruhr Tourismus GmbH, die das Projekt leitet.

Alle für eine ExtraSchicht
Ein so umfangreiches und spartenübergreifendes Projekt wie die ExtraSchicht entsteht dank vielfältiger regionaler Kooperationen. So stellen sich die Internationalen Kurzfilmtage Oberhausen in der Maschinenhalle Gladbeck-Zweckel vor, die Bochumer Symphoniker und die Musikschule Bochum sind in der Privatbrauerei Moritz Fiege zu Gast und das Theater Dortmund kooperiert mit dem LWL-Industriemuseum Henrichshütte in Hattingen. Das Klavier-Festival Ruhr lädt zum Klaviermarathon in die Jahrhunderthalle Bochum und die Folkwang Universität der Künste ist gleich an mehreren Spielorten zu sehen und zu hören. „Die Extraschicht ist beste Werbung für die gemeinsame regionale Bewerbung bei der UNESCO neben Zollverein weitere ausgewählte Standorte der Route der Industriekultur mit dem Status ‚Welterbe‘ zu adeln. Denn neben den Besuchern gehören die Zechen, Stahlwerke und alten Industriehallen zu den Hauptdarstellern während der Nacht der Industriekultur. Dieses Alleinstellungsmerkmal kann die Metropole Ruhr selbstbewusst noch stärker nach außen tragen“, so Karola Geiß-Netthöfel, Regionaldirektorin des Regionalverband Ruhr (RVR).

Im 13. Jahr ganz jung
Rund 450 Veranstaltungen von über 1.000 Künstlern verwandeln die Nacht vom 6. Juli in ein facettenreiches Kaleidoskop. Programmatischer Schwerpunkt ist dabei in diesem Jahr die „Junge Szene Ruhr“, die eigene innovative Projekte vorstellt: Im Museum der Deutschen Binnenschifffahrt in Duisburg gibt es neben Licht- und Soundinstallationen auch Parkour-Läufer, Poetry- und Twitter-Lesungen. Projektbeteiligte von „Kunst schafft Stadt“ kreieren auf der Essener Zeche Carl ein modernes Experimentierfeld verschiedener Kunstformen, und Studierende der Ruhr- Universität Bochum verwandeln den Botanischen Garten der Universität in einen Märchenwald voller Fabelwesen. Im Dortmunder U, dem Zentrum für Kunst und Kreativität, lädt mit Heimatdesign und ecce die Kreativszene Dortmund zu Mitmach- Fahrraddisco und audiovisuellen Vorstellungen ein.

Ereignisreicher Abschluss
Zum Abschluss einer Nacht voller Höhepunkte hat die Nacht der Industriekultur noch buchstäbliche Knaller im Programm: Ein Abschluss-Feuerwerk leuchtet den Himmel über dem Landschaftspark Duisburg-Nord und dem LVR-Industriemuseum in Oberhausen aus, eine Tanz- und Feuerperformance heizt den Besuchern im MüGa- Park in Mülheim an der Ruhr ein und der Beat einer Percussion-Show mit Pyro- Effekten im BernePark Bottrop schallt durch die Nacht. Der Nordsternpark Gelsenkirchen und die Jahrhunderthalle Bochum strahlen mit einer Laserinszenierung in die Sommernacht. Das Rockorchester Ruhrgebeat rockt die Henrichshütte Hattingen zur Und auf der Zeche Zollern in Dortmund tanzen durch „pyrografische Illumination“ sogar die Fördertürme. Lassen Sie sich von der Metropole Ruhr faszinieren!

Neues zur 13. ExtraSchicht
In der Nacht der Industriekultur öffnen seit nunmehr 13 Jahren viele ehemalige Zechen, Förderanlagen und Fabriken ihre Tore und verwandeln sich in Gesamtkunstwerke. Die Performances sind dabei so vielseitig wie die Künstler selbst. In jedem Jahr kommen neue Orte hinzu. Als jüngster neuer Spielort geht ganz im Westen der Metropole Ruhr das Bergwerk West in Kamp Lintfort ins Rennen, das sich als noch nahezu lebendiges Bergwerk präsentiert. Seit langem ist in diesem Jahr mit der Gartenstadt Dinslaken-Lohberg im Westen der Metropole Ruhr wieder eine Zechensiedlung mit Straßenkunstprogramm Spielort der ExtraSchicht. In Herne sind erstmals die Flottmann-Hallen Herne, ein ehemaliger industrieller Produktionsstandort für Bergwerksmaschinerie, als Spielort hinzugekommen. Außergewöhnlichster neuer Spielort der diesjährigen ExtraSchicht ist wohl der Abwasserkanal Emscher Schacht 52/53 in Gelsenkirchen, dessen 350 Meter langes Teilstück derzeit gebaut und zur ExtraSchicht den Besuchern erstmals zugänglich gemacht wird. „Der Gang durch unsere Kanalwelten wird für die Besucher sicher ein unvergessliches, vor allem aber einmaliges Erlebnis werden. Der Abwasserkanal Emscher ist das Herzstück des Emscher-Umbaus und als „Emscherschnellweg unter Tage“ praktisch die Abwasser- Autobahn der Zukunft. Wenn der Kanal erst einmal in Betrieb ist, wird er nicht mehr begehbar sein“, sagt Rüdiger Brand, Geschäftsbereichsleiter Unternehmenskommunikation bei Emschergenossenschaft und Lippeverband. „Ganz besonders freuen wir uns aber, in diesem Jahr auch im Lippegebiet einen Spielort anbieten zu können.“ Denn in Kamen feiert die Kläranlage Kamen-Körnebach mit „ÜBER WASSER GEHEN“, einem Kunstprojekt am Lippe-Nebenbach Seseke und seinen Zuflüssen, ihre Spielortpremiere. Bergkamen reiht sich als „grüner“ Spielort mit der Ökologiestation des Kreises Unna in den Reigen ein. In Lünen geht die Alte Kaffeerösterei an den Start. Zur ExtraSchicht erwecken Tattookünstler, Yogalehrer, Literaten, die Cafébetreiber und alle ansässigen Kreativen das Objekt aus seinem Dornröschenschlaf.

Das ExtraSchicht-Ticket
Mit dem ExtraSchicht-Ticket haben Besucher Zugang zu allen 50 Spielorten in der Nacht der Industriekultur. Das Ticket der ExtraSchicht gilt in sämtlichen ExtraSchicht- Shuttlelinien sowie im gesamten Nahverkehrsnetz des VRR (2. Klasse) am 6. Juli 2012 bis 7 Uhr des Folgetages. Tickets für die ExtraSchicht 2013 gibt es zum Preis von 15 Euro, ermäßigt 12 Euro (50 Euro für das 4er Ticket) beim Service-Center der Ruhr Tourismus GmbH unter 01805.181650 (0,14 €/Min. aus dem deutschen Festnetz, max. 0,42€/Min. aus dem Mobilfunk), im Internet unter www.extraschicht.de sowie an allen Spielorten der ExtraSchicht 2013, allen DB-Fahrkartenautomaten und DB-Reisezentren im VRR. An der Abendkasse ist ausschließlich das Einzelticket zum Preis von 18 Euro erhältlich. Für Kinder unter 6 Jahren ist der Eintritt frei!

ExtraSchicht auf einen Blick
Alle Informationen unter www.extraschicht.de und www.facebook.com/ExtraSchicht.


Programmheft



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Global und International – Biennale Venedig 2013

Global und International – Biennale Venedig 2013

Von Marianne Hoffmann

Alle zwei Jahre ist es soweit. Aufbruch nach Venedig zur weltweit wichtigsten Kunstschau. Hierher kommt jeder, der es sich leisten kann oder eben zwei Jahre gespart hat. Und die, die es sich wirklich leisten können, parken ihre großen Yachten direkt vor den Giardini. Kunst hautnah erleben oder sehen und gesehen werden? Jemand, der sich darüber lustig macht, ist der Engländer Jeremy Deller. Im englischen Pavillion sieht man einen überdimensionierten Mann aus der Zeit Tom Sawyers, der eine Yacht mit der Faust packt und dabei ist, sie wegzuwerfen. Ab in die Lagune damit. Im Begleitheft gibt es eine Geschichte dazu. Hier erfährt man, dass es sich um Abramowitschs Yacht handelt und der Mann William Morris ist, er lebte von 1834 bis 1869. Morris war vikorianischer Künstler, Sozia- list und wütend über Abramovitschs Yacht, die direkt vor den Giardini lag und durch einen Sicherheitszaun die Beweglichkeit der Passanten einschränkte. Aus Wut entstieg Morris seinem Grab, kehrte als Riese zurück, um die Yacht zu entsorgen. Dieses Bild kann man sich gleich im Pavillion selbst stempeln und mitnehmen. In einem nächsten Raum fliegt ein riesiger Adler auf einen zu. In der über- dimensionierten Kralle hält er das Auto von Prinz Harry. Schön gecrasht. Spielzeug für den eigenen Nachwuchs? Deller macht sich lustig. Er ist einer der Großen in seinem Heimatland und wird dies nun sicherlich auch weltweit.

88 Länder sind auf der Biennale vertreten, sogar der Vatikan ist dabei. 88 Länder spiegeln durch ihre Künstler Themen wie die Krise, die Gier oder einfach nur das liebe Geld.

Geld ist auch ein zentrales Thema im russischen Pavillon. Der deutsche Museumschef Udo Kittelmann wurde von dem in Berlin und Moskau lebenden Künstler Vadim Zahkarov als Kurator ausgewählt. Beide verbindet eine lange Freundschaft. Zahkarov lädt alle Frauen ein, sich in den zentralen Raum zu stellen und, geschützt durch einen Plastikregenschirm, von Münzen beregnen zu lassen. Wird die Frau dem schnöden Mammon widerstehen oder wird sie sich bedienen? Dies alles wird von einem Mann beobachtet, der hoch oben auf einem über eine Querstrebe gelegten Sattel sitzt. Die Reitpeitsche in der Hand. Das Herrenbild in Vollendung, der Mann auf seinem hohen Ross, blasierte Miene inbegriffen. Sollte man also alle Hoffnung auf die Frauen setzen?

Im polnischen Pavillon werden zu jeder vollen Stunde die Glocken geläutet, durch den Schweizer schlängelt sich eine metallene Schlange und den niederländischen Pavillon möbliert Mark Manders mit großartigen, unfertigen Holzmöbeln, in die auf mysteriöse Weise Gesichter voll ebenmäßiger Schönheit eingeschlossen sind. Morbide geht’s dagegen im Nachbarland Belgien zu. Berlinde de Bruyeckere hat eine verkrüppelte Ulme in ihrem Kunstraum platziert. Sie ähnelt in ihrer Verletzbarkeit einem großen geschundenen Körper. Um Äste und Verästelungen, die an Sehnen und Muskeln erinnern, sind Tücher und Decken gelegt. Lumpen, die wunde Stellen schützen und den verkrüppelten Baum vor zuviel Neugier beschützen. Es ist ein bedrückendes Ambiente in diesem halbdunklen Raum mit dem morbiden Charme. Mit dem Baum befasst sich auch Petrit Halilaj. Er vertritt das Kosovo, das zum ersten Mal an der Biennale teilnimmt. Halilaj sieht den Baum als Beschützer. Deshalb hat er ein riesiges, in sich fest verwobenes Vogelnest gebaut. Äste sind ineinander verschlungen, Moos und Erde kleiden den Innenraum aus. Ein Schutzraum, nicht nur für den Menschen. Aus dem Innern dieses Schutzraumes kann man durch zwei kleine Gucklöcher in einen grandiosen Himmel schauen, neue Welten entdecken und sich darüber wundern, warum im Ast nebenan ein zitronengelbes Kostüm hängt.

Massimilano Gioni, der künstlerisch Leiter der Biennale, hat das Motto der Biennale „Palazzo Enzyclopedia“ dem Autodidakten Marino Auriti (1891-1980) entwendet. Geplant hatte dieser ein gigantisches Museum des Weltwissens. Im zentralen Pavillon der Giardini wird der Versuch unternommen zu zeigen, wie Künstler das Weltwissen verbild-lichen können. Interessant dabei ist, dass von den 160 Künstlern, die Gioni für sein Projekt, das im Arsenale seine Fortführung findet, ausgewählt hat, über ein Drittel schon verstorben sind.

das Enzyklopädische Haus von von Marino Auriti im Arsenale, (c) KunstDuesseldorf.de
das Enzyklopädische Haus von von Marino Auriti im Arsenale, © KunstDuesseldorf.de

Im zentralen Pavillon startet die Show mit den Tafelzeichnungen des Anthroposophen Rudolf Steiner und mit zwei Seiten Buchillustration des Psychoanalytikers C.G. Jung. Was Gioni hier versammelt hat, verlangt vom Betrachter Disziplin und Durchhaltevermögen. Neben Zeichnungen, sogenannten Geschenkzeichnungen , zweier Shaker-Frauen finden sich arrivierte Künstler wie Carl André, Hilma af Klimt, Maria Lassnig, Paul McCarthy, Bruce Nauman, Matt Mullican oder eine von Cindy Sherman kuratierte Show in den Arsenalen. Doch das mischt sich trefflich mit den Autodidakten, von denen man nie zuvor etwas gesehen oder gar gehört hat.

Einweihung des Deutschen Pavillons durch die Franzosen, (c) KunstDuesseldorf.de
Einweihung des Deutschen Pavillons durch die Franzosen, © KunstDuesseldorf.de

Dafür häuft sich im Deutschen Pavillon, der diesmal wegen des 50jährigen Bestehens des Elysee-Vertrages gegen den französischen getauscht wurde, ein buntes Gemisch an internationaler Kunst. Susanne Gaensheimer, die Direktorin des Museums für moderne Kunst in Frankfurt, hat auf deutsche Künstler verzichtet und sich den Chinesen Ai Weiwei, die Inderin Dayanita Singh, den Franzosen Romuald Karmakar, der in Deutschland lebt, und den Afrikaner Santu Mofokeng ausgesucht. Global denken, international bespielen. Ai Weiwei hat 866 antike Holzhocker aus den verschiedenen Regionen Chinas gesammelt. Erbstücke, die heute durch hässliche Plastikhocker in den Familien ersetzt werden. Holz steht dem Menschen am nächsten. So hat er aus diesen Hockern ein verwobenes Gebilde zusammengefügt, das sich kreuz und quer durch den Raum schlängelt. Den Aufbau hat er schon in China geprüft, per „skype“ hat er ihn in Venedig überwacht. Ohne Pass konnte er nun leider nicht ausreisen. Dayanita Singh ist Fotografin. Ihre Fotobücher werden vom Steidel Verlag in Deutschland verlegt. Sie hat ihre Freundin, einen Eunuchen, die/der auf einem Friedhof lebt, gefilmt. 13 Jahre hat sie dieses Zwitterwesen begleitet. Nun zeigt sie über das Leben des Hijra, wie diese Menschen in Indien heißen, einen Film.

Santu Mofokeng fängt den Ahnenkult seiner Heimat in seinen Fotografien ein und berichtet darin über den Verkauf von Gräberfeldern an reiche Investoren aus dem Ausland und wie man damit den Einheimischen die Verehrung ihrer Vorfahren unmöglich macht. Der Autorenfilmer Karman Romuald hat sich mit jüngsten Ereignissen in Deutschland auseinandergesetzt und zeigt ein Video über marschierende Neonazis, eins über den 8. Mai, und lässt den Schauspieler Manred Zapatka Reden des Hamburger Imans Fizazi lesen. Ohne den Tausch hätte Gaensheimer dieses Konzept nicht umsetzen können, denn der deutsche Pavillion hat keine Nebenräume zu bieten, jedenfalls nicht in dieser Aufteilung. Im deutschen Pavillon, der nun zum französischen Ausstellungsort wird, zeigt der albanische Künstler Anri Sala das Stück Ravel Ravel Unravel, ein Klavierstück für die linke Hand. Sala produzierte zwei synchron aufgenommene Filme dieses Stückes, indem die Kamera sich ausschließlich auf die linke Hand der Pianisten konzentriert. Die Installation ist zugleich ein Wortspiel mit den Verben „to ravel“ und „unravel“ , was soviel heißt wie verwirren und entwirren. Und in einem kleinen Nebenraum nimmt sich ein DJane dieses Stückes an und scratcht es nach Herzenslust auseinander . Diese beiden Pavillons waren während der Biennale Eröffnung und sogar schon bei der Vorbesichtigung die Anziehungspunkte der bedeutendsten Kunstschau der Welt. Es war schön zu sehen, wenn sich die Schlangen der beiden Pavillons kreuzten und damit die Völkerverständigung ein neues Sinnbild bekam.

Angola, zum ersten Mal bei der Biennale dabei, hat in diesem Jahr den Goldenen Löwen bekommen. So ist sie, die Biennale, immer für eine Überraschung gut.

Das Berliner Künstlerpaar Eva & Adele, (c) Kunstduesseldorf.de
Das Berliner Künstlerpaar Eva & Adele, © KunstDuesseldorf.de



Marianne Hoffmann arbeitet seit 30 Jahren als Kunstpublzistin – Studium der Romanistik, ev. Theologie und Kunstgeschichte – Schwerpunkt zeitgenössische Kunst und Kunstmarkt.


Ergänzend zu unserem Artikel hier noch ein Interview der DEUTSCHEN WELLE mit Massimilliano Gioni, dem Kurator der diesjährigen Biennale.


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22.6. Eröffnungsfeier EMSCHERKUNST.2013 Oberhausen

ERÖFFNUNGSFEIER EMSCHERKUNST.2013

Zentrales Besucherzentrum Oberhausen

Sa 22. Juni 2013, 13:00 –22:00 Uhr
Beginn Festakt 14:00 Uhr



Vom 22. Juni bis 6. Oktober 2013 findet der Kunstsommer der Metropole Ruhr an der Emscher statt. Über 40 international renommierte Künstlerinnen und Künstler haben sich bei der zweiten Edition der EMSCHERKUNST intensiv mit dem nördlichen Ruhrgebiet, dem Umbau des Emschersystems und den Herausforde-rungen und Chancen der Region auseinandergesetzt. Das Ergebnis ist eine beeindruckende Ausstellung im öffentlichen Raum mit rund 30 künstlerischen Interventionen, die sich zwischen den beteiligten Städten Duisburg, Dinslaken, Oberhausen, Essen, Bottrop und Gelsenkirchen aufspannt.

Wir laden Sie herzlich zur feierlichen Eröffnung der Ausstellung EMSCHERKUNST.2013 ein, die durch die Übernahme der Schirmherrschaft durch Frau Hannelore Kraft, Ministerpräsidentin des Landes Nordrhein-Westfalens, geehrt wird.

Der Eröffnungsakt wird im Beisein von Frau Ute Schäfer, Ministerin für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes NRW, und der beteiligten Künstlerinnen und Künstler stattfinden.

Im Anschluss an den Eröffnungsakt besteht die Möglichkeit, die EMSCHERKUNST. 2013 per Fahrrad, per Schiff oder mit dem Bus unter fachkundiger Leitung zu erkunden.



Praktische Hinweise
Die Eröffnungsfeier EMSCHERKUNST.2013 findet unter freiem Himmel statt, daher raten wir zu wetterfester Kleidung. Es wird ein umfangreiches Familienprogramm geboten. Wir freuen uns, Sie mit Ihrer Familie begrüßen zu dürfen!

Anfahrt
Zielinformationen für Ihr Navigationssystem
GPS: 51°29′37 N 6°51′16 O
Wir empfehlen Ihnen bei gutem Wetter die Anreise mit dem Fahrrad.

www.emscherkunst.de

Zentrales Besucherzentrum Oberhausen
Lindnerstraße 2
46145 Oberhausen

(auf dem Gelände des Stadt Sportbundes Oberhausen)