K20, Kunstsammlung NRW: Ausstellung Anni Albers
09.06. – 09.09.2018
Vom 09. Juni bis 09. September 2018 zeigt die Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf, in einer umfassenden Retrospektive das Werk der in vielerlei Hinsicht außergewöhnlichen und facettenreichen Künstlerin Anni Albers (1899–1994). Ihre wichtigsten und komplexesten Werke sind handgewebt. Sie verbinden damit eine uralte Kulturtechnik mit einer modernen künstlerischen Praxis, in der Kunst, Handwerk und Design gleichwertig nebeneinander stehen.
Die im Jahr 1899 in Berlin in eine wohlhabende, bürgerliche Familie geborene Anni Albers entschied sich bereits früh für ein Leben als Künstlerin und studierte ab 1922 an der innovativen Bauhaus-Schule in Weimar. Das Bauhaus, eine Verbindung von Kunstakademie und Schule für Kunstgewerbe, verfolgte die Professionalisierung von Kunst, Handwerk und Design und die enge Kooperation zwischen Künstler und Werkmeister. Wie viele ihrer Mitstudentinnen trat auch Anni Albers in die sogenannte »Frauenklasse« ein, die Werkstatt für Textilien. Obwohl sie das Weben gewissermaßen durch den Mangel an Alternativen begann, wurde sie schnell ein wichtiges Mitglied dieser Werkstatt, wo die Handweberei ebenso eine Rolle spielte wie die Entwicklung von Stoffen für die maschinelle Produktion. Nach der Schließung des Bauhauses im Jahr 1933 zog Albers gemeinsam mit ihrem Ehemann – dem Künstler Josef Albers – in die Vereinigten Staaten, um am gerade gegründeten experimentellen Black Mountain College zu lehren. An diesem progressiven Ort des Lernens, an dem Kunst, Tanz und Musik ebenso ihren Platz hatten wie Soziologie, Philosophie, Wirtschaftswissenschaft und Mathematik, erlebte das Paar produktive Jahre.
Anni Albers richtete eine Weberei ein und war eine ebenso strenge wie inspirierende Lehrerin. Hier und ab 1950 in New Haven CT, wo Albers bis zu ihrem Tod im Jahr 1994 lebte, entstanden Bildgewebe von hoher künstlerischer Qualität. Viele dieser »pictorial weavings« sind inspiriert durch Reisen nach Mexiko und Peru, wo das Künstlerpaar die gewebten und getöpferten Zeugnisse der präkolumbischen Kultur studierte, und auch sammelte. Als das Handweben Ende der 1960er Jahre zu mühsam wurde, hatte Albers bereits ein neues Medium für sich entdeckt, die Drucktechnik. Dabei konnte sie auf ihre vielfältigen Überlegungen zu Textur, Farbe und Oberflächenqualitäten aufbauen und vertraute Phänomene wie Knoten, Musterbildung und Farbmischung in einer neuen Technik untersuchen. Parallel arbeitete sie an einem Buch, das 1965 unter dem Titel On Weaving veröffentlicht wurde und »Grundbegriffe und Methoden des Textilen« vorstellt und diskutiert. Zehn Texte sowie eine lange Sequenz von Illustrationen verdeutlichen eindrucksvoll die außerordentliche Komplexität dieser uralten Technik, in der Hand, Auge, Maschine und der planende Geist perfekt zusammenspielen müssen, damit neue, der Zeit gemäße Formen und Qualitäten erdacht werden können.
Die Ausstellung Anni Albers – eine Kooperation der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen mit der Tate Modern, London – präsentiert das facettenreiche Werk einer Künstlerin, die sich die Technik des Webens zu eigen machte, sie ins Zentrum ihres Schaffens stellte und als vollwertige Form der Kunstproduktion etablierte, ohne dabei die nützlichen oder industriellen Aspekte zu vernachlässigen. Das Weben kann, das war ihre Überzeugung, wie jedes andere Handwerk »in der Produktion nützlicher Objekte münden oder sich auf die Ebene der Kunst erheben« (Anni Albers, 1937).
In der großen Ausstellungshalle am Grabbeplatz wird der gesamte Kosmos des Schaffens von Anni Albers präsentiert: ihre »pictorial weavings« (Leihgaben aus europäischen und amerikanischen Museumssammlungen), die Raumteiler und Stoffe für den Wohnbereich, die zeichnerischen Entwürfe für die maschinelle Produktion, die farbintensiven Drucke, die Schmuckstücke aus einfachsten Materialien, ihre Auftragsarbeiten, zahlreiche Studien aus dem Bereich der Lehre sowie die Textilmuster, die das unstillbare Interesse an neuen Fasern und Webstrukturen belegen. Ihre illustrierten Textsammlungen stehen dabei, einem Herzstück gleich, im Zentrum der Ausstellung. Sie werden durch Kunstwerke und Materialien, die die Künstlerin beeinflussten und die ihre Idee des gewebten Fadens als Form einer universellen Sprache inspirierten, ergänzt – darunter beispielsweise präkolumbische und peruanische Textilien aus der Sammlung des Künstlerpaars. Angesichts des erstaunlichen Zusammenklangs dieser Werke werden die außergewöhnliche Vielseitigkeit des Beitrags ihrer Schöpferin zur Moderne und ihr nachhaltiger Einfluss auf die Kunst und das Design des 20. und 21. Jahrhunderts nachvollziehbar und erlebbar.
Weitere Informationen unter: http://www.kunstsammlung.de/entdecken/ausstellungen/anni-albers.html