Freelancer – der „moderne“ Tagelöhner
Der Mensch als Kostenfaktor wird bei Unternehmen immer störender. Firmen wäre es am liebsten, sie könnten ohne Mitarbeiter produzieren und dabei möglichst viel an diese Menschen absetzen, die sie nicht beschäftigen. Nach dieser Modellvorstellung produziert ein Mensch bei den Unternehmen keine Kosten mehr und ist nur noch willenloser Konsument, dessen bedingungsloses Grundeinkommen (das es bald geben muss) er umgehend an die Konsumgüterindustrie und Vermieter weiterreicht. Es reicht dabei, wenn ein solcher Mensch gerade soweit am Leben gehalten wird, dass er noch konsumieren kann.
Die in den letzten Jahren neu entstandene Freelancer-Branche ist ein weiterer Schritt in diese Richtung. Täglich konkurrieren auf Plattformen wie freelancer.com u. ä. weltweit Lohnsklaven bei der Vergabe von „Tagelöhner-Arbeiten“. Freelance – hört sich doch eigentlich ganz schön an – es steckt doch schließlich das Wort „Freiheit“ darin. In der Realität lässt sich diese Freiheit dann aber so interpretieren: der Mensch ist frei, eine Arbeit anzunehmen oder eben nicht, die oft unter dem Mindestlohn vergeben wird – darin ist er frei. Ansonsten heißt diese Freiheit, dass er auch frei ist von jeglicher Sozialabsicherung, Krankengeld, Rente etc. Genau diese Abgaben möchte sich schließlich der Freelance-„Arbeitgeber“ sparen, das ist ja genau die Motivation für ihn, dass er sich nicht an einen Arbeitnehmer durch einen Arbeitsvertrag bindet.
Auch im Umgang mit diesen „Mitarbeitern“ zeigt sich dann ein Unterschied, der sich aus der Anonymität der Internetvergabe von Arbeit ergibt. Ähnlich wie man auch beobachten kann, dass der Anstand im zwischenmenschlichen Umgang auf anonymen Social-Media-Plattformen wie Facebook und Twitter abgenommen hat oder auch gar nicht mehr vorhanden ist, ist man auch bei der Freelancer-Arbeitsvergabe im Umgang mit den Bewerbern nicht gerade zimperlich. Ein Beispiel habe ich persönlich gerade mit der Kleebauer GmbH erlebt. Dieser Firma, die nach eigenem Bekunden fast nur mit Freelancern arbeitet, hatte ich meine Mitarbeit angeboten. Zunächst einmal war deren Geschäftsführer sehr unzuverlässig, was vereinbarte Rückrufe anging. Darüber hinaus wurde ich dann was mein Freelance-Angebot anging grundlos hingehalten. Nachdem ich nach einer ersten Kontaktaufnahme von der Firma Kleebauer nichts mehr gehört hatte, hatte ich nachgefragt, ob ich davon ausgehen kann, dass aus dem Auftrag nichts mehr wird, hatte man das verneint und gemeint, man wäre gerade dabei, mir den Zugang zu ihren Systemen einzurichten – ich habe nie wieder von der Kleebauer GmbH gehört. Während dieses Hinhaltens seitens dieser Firma hatte ich mich tagelang für diese Arbeit freigehalten und daher auch nicht anderweitig beworben. Machen sich diese Leute eigentlich keine Vorstellung mehr von ihrem Gegenüber? Auch wir Freelancer sind Menschen und kein anonymes Nutzvieh! Die Firmen, die sich auf dem Freelande-Markt bedienen, bekommen schließlich sehr günstige „Mitarbeiter“, an die sie sich durch keinen Arbeitsvertrag mit all seinen Verpflichtungen zu binden brauchen – da sollte man sich auch schon mal eine Stunde Zeit nehmen können, auch Bewerbern höflich und offiziell abzusagen – der Bewerber hat sich ja schließlich auch die Zeit für die Bewerbung genommen. Ein Herr Kleebauer möchte ja selbst auch nicht so behandelt werden, oder? Wenn ich von der Institution Kirche selbst auch nicht mehr allzuviel halte, aber einer der tollsten Richtsätze für einen würdigen Umgang miteinander fand ich immer den Satz, dass man den Mitmenschen so behandeln sollte, wie man selbst behandelt werden möchte. Mit diesem einfachen Satz könnte man, wenn man ihn denn beherzigt, die meisten Probleme dieser Welt lösen.
Wir haben es selbst in der Hand, welches System bzw. welche Systeme wir zukünftig für die Gestaltung unserer Arbeits- und sonstige -welten unterstützen wollen. Vielleicht sollte man die Freitags-Demos hierzu auch thematisch breiter aufstellen als „nur“ auf die ökologischen Umweltprobleme bezogen – es liegt derzeit so viel im Argen mit unserer Gesellschaft!