Kunstraum-unten präsentiert ab Freitag, 15.11.2013 in der Zwischenebene der Bochumer U-Bahnstation „Schauspielhaus“ eine Raum-Klang-Installation der Dortmunder Künstlerin Paola Manzur. Der Ausgangspunkt von Paola Manzurs Arbeit „ Sintaxis“, ist ein Text von Antonin Artaud: „Manifiesto en lenguaje claro“ („Manifest in klarer Sprache“).
Artaud behandelt die Idee von „la mente“ ( lat. mens, mentis/der denkender Geist) und „la imagen“ (lat. imago/das Bild) unter der Herrschaft von „la razón“ (lat. ratio/der Vernunft). Für Artaud schafft – vereinfacht gesagt – der sprachliche Ausdruck und die begrifflich strukturierte Wirklichkeit, die durch ihn vermittelt wird, eine tiefe Kluft zum wirklichen Leben und zur Realität. Die diskursive Sprache ist grundsätzlich machtlos gegenüber dem Denken, das eigenen Gesetzmäßigkeiten gehorcht. Jeder Begriff ist Festlegung und Begrenzung. Er segmentiert, teilt auf und ist daher nicht geeignet, Realität erfahrbar zu machen. Deshalb soll Sprache nicht mehr als Darstellung und Abbild, sondern als Verkörperung aufgefasst werden.
Mit der Installation „Sintaxis“ versucht Paola Manzur sich diesem Text, bildnerisch und akustisch, anzunähern, ihn zu untersuchen, zu hinterfragen, aber auch die Vision Artauds als Ziel einer künstlerischen Auseinandersetzung Raum zu geben, die den Zufall zulässt und ihn einlädt, wahrzunehmen.
Das wesentliche Gestaltungsmittel von Paola Manzurs Installation ist die Schrift. In Manzurs Arbeit ist Schrift aber nicht allein Hülle für das Bedeutete, für den Text von Artaud. Schrift ist bei ihr mehr als die Umsetzung des Gesprochenen oder Gedachten. Sie ist ebenso Form und Zeichen mit einer eigenständigen ästhetischen Aussage. Als Gestaltungselemente treten neben die Wahl der Schreibschrift ihre Größe und Dichte und die Verwendung von Groß- oder Kleinbuchstaben, das Helldunkel und Farbe. Die kursive Schrift verwendet Paola Manzur wie Linien, wodurch ein eindrucksvolles Bild aus Buchstaben, entsteht. Strenge und fließende Schriftformen schaffen Kontraste, Hervorhebungen setzen Betonungen. Schrift und Malerei bilden einen visuellen Rhythmus. Der Schreibakt ist oftmals impulsiv, was die Schriftzeichen zwar schwer lesbar, aber umso ausdrucksstärker macht. Schrift wird bei Manzur so zum Medium einer sinnlichen und künstlerischen Gefühls- und Gedankenwelt.
Die äußere, ästhetische Gestalt wirkt aber ihrerseits auch auf den Inhalt zurück. Deshalb ist es unmöglich, die Buchstaben frei von der sprachlichen Verbindung und dem Denken zu betrachten, vielmehr bilden sie die Brücke, die die visuelle Welt und den Bereich des Vorhandenen mit der Welt der Gedanken und der Vorstellungskraft verbindet. Der Buchstabe berücksichtigt das Phonetische, das heißt die Gestaltung des Lautes und seiner Zeitdauer, und er ist notwendigerweise von der Musik abgeleitet.
Paola Manzur wurde am 29. Mai 1971 in Santiago de Chile geboren. Von 1971 bis 1982 wuchs sie in Madrid, Spanien, von 1982 – 1988 dann in San Jose, Costa Rica auf. 1990 – 1995 studierte sie Kunst an der Escuela de Bellas Artes der Universidad Catolica de Chile in Santiago de Chile mit dem Schwerpunkt Druckgrafik und war Assistentin bei Prof. Eduardo Vilches. Seit 1995 lebt und arbeitet sie in Deutschland.
Ausstellungsdauer: 15. November 2013 – 29. Dezember 2013
Öffnungszeiten: Di und Fr 15:30-18:30 und nach Vereinbarung
www.kunstraum-unten.de